EU-Parlament: Ohne Friedenswillen kein Palästina

Mehrheit ist für eigenen palästinensischen Staat nach erfolgreicher Verhandlungslösung.

Der Druck aus Europa für eine Verhandlungslösung im Nahen Osten wächst, das ist die Botschaft der Palästina-Resolution im EU-Parlament. Zuletzt haben etliche Parlamente der EU-Länder für eine offizielle Anerkennung Palästinas gestimmt. Am Mittwoch votierten von 697 anwesenden Abgeordneten 498 für die Resolution, 88 dagegen, 111 enthielten sich der Stimme. Von den österreichischen Abgeordneten waren die FPÖ-Mandatare gegen die Resolution, Angelika Mlinar (Neos) enthielt sich, alle anderen Österreicher stimmten dafür.

Der Text ist ein Kompromiss, der zwischen den vier großen Parteien zustande kam (Konservative & Christdemokraten, Sozialdemokraten, Liberale, Grüne ). Das Votum ist symbolisch, ob Palästina anerkannt wird, ist Sache der Regierungen. Die Formel heißt: Anerkennung Palästinas unter der Voraussetzung von Friedensverhandlungen. Damit will das Parlament die Verhandlungsposition der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini stärken.

Die Abgeordneten bekräftigten ihre Kritik an der israelischen Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten. Diese Siedlungen seien „völkerrechtswidrig“. Beide Seiten müssten von „Handlungen Abstand nehmen, welche die Tragfähigkeit und Zukunftsaussichten der Zwei-Staaten-Lösung gefährden könnten“.

Jüdische Institutionen

Im Vorfeld der Abstimmung haben jüdische Organisationen zur Vorsicht gemahnt. Eine Zwei-Staaten-Lösung könne nur nach direkten Gesprächen zwischen Israel und Palästinensern zustande kommen, sagte Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, dem KURIER. Zur Zeit ist die Lage zwischen Israel und den Palästinensern sehr angespannt. Friedensverhandlungen scheinen in weite Ferne gerückt zu sein.

EU-Parlament: Ohne Friedenswillen kein Palästina
Was die Palästina-Anerkennung angeht – weltweit haben dies bereits rund 130 Länder getan – ist Österreich vorsichtig. Das Votum des Parlaments beurteilt Außenminister Sebastian Kurz vorsichtig: „Es ist eine Bestätigung unserer Haltung: Keine Anerkennung ohne Friedensverhandlungen. Eine Anerkennung allein würde den Menschen vor Ort nichts bringen und könnte die harte Arbeit an einer echten Lösung nicht ersetzen.“ Kurz sieht im Abstimmungsergebnis „die volle Unterstützung für eine Zwei-Staaten-Lösung“.

Bundespräsident Heinz Fischer begrüßte das „deutliche Ergebnis der Abstimmung. Es ist dies ein sehr ernstes und wichtiges Thema, über das wir auch in Österreich sehr sorgfältig nachdenken“.

Er schließt eine mittelfristige Anerkennung eines palästinensischen Staates durch Österreich nicht aus. Das sei „keine Sofortmaßnahme“, sondern sei „von den Entwicklungen in den nächsten Monaten abhängig“. Etwa von der Frage, ob Israel die illegale Siedlungstätigkeit fortsetzt. Außerdem seien die Neuwahlen in Israel im März abzuwarten, erklärte Fischer
.

Die Freude der radikal-islamischen Hamas über ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) währte am Mittwoch nur kurz. Auch nach der Entscheidung der Richter, dass die Organisation aus „Verfahrensgründen“ von der EU-Terrorliste zu streichen sei, bleibt die EU bei ihrer Haltung: Die Gruppierung ist für Brüssel weiterhin eine Terror-Organisation, die Finanzmittel der Hamas bleiben wie bisher eingefroren.

Die Aufrechterhaltung dieser Einschätzung und Strafmaßnahme ist ab jetzt drei Monate lang rechtens, dann müsste beides enden. Die EU kann nun gegen das Urteil berufen oder überarbeitete Beschlüsse zur Neueinstufung der Hamas als Terror-Organisation treffen. In beiden Fällen verlängert sich der Status quo – bis die entsprechenden Verfahren abgeschlossen sind.

Zur Vorgeschichte: Die Hamas, deren militärischer Arm seit 2001 auf der EU-Terrorliste ist und deren politischer seit 2003, hatte gegen diese Maßnahme geklagt. Die Richter haben nun festgestellt, dass die Nennung nicht auf Tatsachen gestützt sei, sondern nur auf Zurechnungen von Fakten beruhe, die der Presse oder dem Internet entnommen worden seien. Mit der Frage, ob die Hamas tatsächlich eine Terror-Organisation sei, beschäftigte sich das Gericht aber nicht.

Die Hamas wurde kurz nach Beginn der ersten Intifada (des palästinensischen Volksaufstandes) 1987 gegründet. Später machte Israel gezielt Jagd auf Spitzenvertreter der Gruppierung und tötete viele.

Nach internen Kämpfen mit der Fatah des verstorbenen Palästinenserchefs Yassir Arafat übernahm die Hamas im Sommer 2007 die Kontrolle im Gazastreifen. Nach einer oberflächlichen Aussöhnung wurde heuer eine palästinensische Regierung der Nationalen Einheit gebildet. Israel hat diesen Schritt massiv kritisiert und den Dialog abgebrochen.

Am 5. Februar 2015 wird eine Experten-Gruppe von europäischen, israelischen und palästinensischen Intellektuellen und politischen Aktivisten in einer Konferenz im Europäischen Parlament alternative Konzepte für das friedliche Zusammenleben im Nahen Osten vorstellen.

In Brüssel wird bereits von einer „Kreisky-Initiative“ gesprochen, weil die Arbeiten unter der Federführung von Gertraud Auer Borea d’Olmo, der Generalsekretärin des Bruno Kreisky Forums, erfolgen. Maßgeblich unterstützt wird die Initiative vom Büro für Sicherheitspolitik des Verteidigungsministeriums.

„Wir wollen andere Zugänge zu einer Problemlösung aufzeigen und damit einen Beitrag leisten, um aus der politischen Blockade im Nahen Osten herauszukommen“, sagt Gertraud Auer Borea d’Olmo. Derzeit sei das „vorherrschende Paradigma in der Region die Trennung. Wir schlagen vor, dass alle Bürger die gleichen individuellen und kollektiven Rechte erhalten. Es geht darum, die Rechte von jüdischen Israelis und Palästinensern zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer zu garantieren“.

Für die Region gebe es nur dann eine gemeinsame Zukunft, wenn „die Politik auf Werten und einer Rechtsordnung basiert und nicht auf Gewalt und territorialer Verschiebung“, erklärt Auer Borea d’Olmo.

Im Detail sind die Überlegungen über alternative Ansätze einer Friedenslösung in einem soeben erschienen Buch zusammengefasst:

„Rethinking the Politics of Israel/Palestine“, hrsg. vom Kreisky Forum und Sozialdemokraten im EU-Parlament

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