EU: Flüchtlinge automatisch verteilen

Ausschlaggebend für die Verteilung sollen Bevölkerung und Wirtschaft eines Landes sein.
Staaten sollen sich für 250.000 Euro pro Flüchtling "freikaufen" können.

Die EU-Kommission hat einen weitgehend automatischen Mechanismus zur Verteilung von Asylanträgen in der EU vorgeschlagen. Entsprechende Referenzwerte sollen demnach für alle EU-Staaten aufgrund der beiden Kriterien Bevölkerungsgröße und Wirtschaftsleistung errechnet werden, die zu je 50 Prozent gewichtet würden. Staaten könnten sich auch mit 250.000 Euro pro Asylbewerber "freikaufen".

Avramopoulos : "Gemeinsames Asylsystem keine Option"

"Wenn die aktuelle Flüchtlingskrise eines gezeigt hat, dann das, dass der Status Quo des gemeinsamen europäischen Asylsystems keine Option ist", sagte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos. Mit ihrem Vorschlag will die EU-Kommission das Dublin-System reformieren, welches in der Flüchtlingskrise weitgehend versagt hat.

Mit dem nunmehr vorgeschlagenen korrektiven "Fairnessmechanismus" will die EU-Kommission die EU-Staaten zu mehr Solidarität bei der Flüchtlingsverteilung zwingen. Beschlossen müssen die Vorschläge aber von den Innenministern und dem Europaparlament werden. Überschreiten die Asylanträge den jeweiligen Referenzwert eines EU-Staates zu 50 Prozent, soll der Umverteilungsmechanismus künftig automatisch einsetzen.

Großbritannien, Irland und Dänemark müssen aufgrund von Ausnahmeregelungen nicht mitmachen, für sie würde das bestehende Dublin-System weiter bestehen. Auch die bisher beschlossene, aber nur schleppend vorankommende Umverteilung von 160.000 Flüchtlingen in der EU soll nach den bisherigen Quoten weiter fortgesetzt werden. Der neue Mechanismus könnte drei Monate nach Inkrafttreten der neuen Dublin-Verordnung starten, hieß es in EU-Kreisen.

Österreich: "Schritt in die richtige Richtung"

Die von der EU-Kommission präsentierten Vorschläge zu einer Reform des EU-Asylsystems sind aus Sicht des Innenministeriums ein "Schritt in die richtige Richtung", sagte Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck am Mittwoch auf APA-Anfrage. "Dieser Verteilungsmechanismus ist eine Verbesserung im Vergleich zur aktuellen Situation", sagte Grundböck. Der für Österreich künftig vorgesehene Richtwert liege dem Innenministerium noch nicht vor. Gemessen an der Bevölkerungszahl haben 2015 innerhalb der EU nur in Schweden mehr Personen um Asyl angesucht als in Österreich.

"Schwierigkeiten sehen wird allerdings bei der Ausweitung des Begriffs der Kernfamilie", so der Ministeriumssprecher. Die EU-Kommission will künftig Familienzusammenführung auch für Geschwister ermöglichen. Dennoch werde die nötige Annahme des Kommissionsvorschlags durch den EU-Staaten "nicht an Österreich scheitern", sagte Grundböck.

Kritik von osteuropäischen Staaten

Polen, Tschechien, Ungarn und die Slowakei haben indes den Vorschlag der EU-Kommission kritisiert. Er frage sich, ob die Kommission das wirklich ernst meine, sagte der polnische Außenminister Witold Waszczykowski am Mittwoch in Prag. Sein tschechischer Kollegen Lubomir Zaoralek sprach von einer unangenehmen Überraschung, während der ungarische Außenminister Peter Szijjarto die Quoten-Vorschläge als Erpressung verurteilte. Der slowakische Innenminister Robert Kalinak, dessen Land schon vor dem Europäischen Gerichtshof gegen das EU-Quoten-System zur Flüchtlingsverteilung klagt, nannte den Kommissionsvorschlag realitätsfern.

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