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EU-Gipfel: Weniger Finanzhilfen für die Türkei

Die EU-Staats und Regierungschefs kürzen die Finanzhilfen für die Türkei, die im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen vorgesehen wären.

Mit ihrem Vorstoß beim EU-Gipfel in Brüssel hat sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel gestern Nacht durchgesetzt: "Alle waren sich einig, die sogenannten Vorbeitrittshilfen in verantwortbarer Weise zu kürzen“, sagte Merkel kurz nach Ende der Sitzung nach MItternacht."Es wird zunehmend klar, dass es eine Neuordnung der Beziehungen braucht“, bestätigte auch Bundeskanzler Christian Kern.
Gleichzeitig werden aber die der Türkei zugesagten Hilfsmilliarden für die Versorgung syrischer Flüchtlinge im Rahmen des EU-Türkei-Flüchtlingsabkommens weiter fließen.

Merkel verwies darauf, dass aus ihrer Sicht „die Situation der Menschenrechte“ in der Türkei „absolut unzufriedenstellend“ sei. Das Land entferne sich „Schritt für Schritt von dem, was wir als rechtsstaatliche Voraussetzung begreifen“. Sie habe im Kreis der EU-Spitzen auch „darüber berichtet, wie wir darunter leiden, dass deutsche Staatsbürger aus unserer Sicht ungerechtfertigterweise in der Türkei in Haft sind.“ Vor diesem Hintergrund werde mit der Türkei derzeit auch nicht über eine Reform der Zollunion verhandelt, sagte Merkel weiter.
Die EU anerkennt aber auch die Leistungen der Türkei für die rund drei MIllionen syrischer Flüchtlinge im Land. Deshalb sollen auch weiterhin, wie geplant, die zugesagten drei Milliarden Euro für die Versorgung der Flüchtlinge bereit gestellt werden.

Kein Abbruch der Verhandungen

Für einen Abbruch der seit dem Jahr 2005 laufenden Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, wie es auch Österreich immer wieder fordert, gibt es unter den 28 Staats- und Regierungschefs keine Mehrheit. Ein Abbruch aber wäre Voraussetzung dafür, dass die Zahlung der Vorbeitrittshilfen ganz eingestellt werden kann. De facto liegen die Verhandlungen bereits seit Jahren aus Eis.
Die EU zahlt den Beitrittskandidaten Finanzhilfen, um ihnen die Anpassung an EU-Standards zu erleichtern. Für Ankara wären im Zeitraum von 2014 bis 2020 rund 4,5 Milliarden Euro vorgesehen. Ausgezahlt wurden bisher aber nur knapp 260 Millionen Euro. Laut Merkel soll nun „in verantwortbarer Weise“ gekürzt werden, also keine Hilfen, die die Zivilgesellschaft in der Türkei stärken sollen.

Hilfen wurden schon gebremst

Bei der Absichtserklärung des EU-Gipfels, die Vorbeitrittshilfen zu kürzen, handelt es sich vorwiegend um ein politisches Signal. Denn die EU-Kommission hat bereits vor längerem damit begonnen, die Hilfen einzudämmen. Sie bebetont aber auch immer wieder, dass die Finanzhilfen solange gezahlt werden müssen, wie die Beitrittsverhandlungen laufen. Die Möglichkeit, die Gelder verstärkt in Projekte für die Demokratieentwicklung, Rechtsstaatlichkeit oder Zivilgesellschaft zu leiten, werde bereits genutzt, heißt es.

Bundeskanzler Christian Kern erklärte nach dem EU-Gipfel, dass die Beziehungen zur Türkei intensiv diskutiert worden sind: "Wir haben die Frage der des Beitritts und der Zahlungen an die Türkei intensiv diskutiert", so Bundeskanzler Kern im Ö1-Morgenjournal.

Es braucht eine Diskussion, ob die Zahlungen noch gerechtfertigt sind und man muss der Türkei sagen: "Freunde, so wird das nicht funktionieren". Laut Kern braucht es eine Neuordnung der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei.

Und auch Angela Merkel teilt die Postion der österreichischen Bundesregierung, berichtet der Bundeskanzler nach dem Gipfel.

In informellen Gesprächen wurde auch das Wahleregbnis und die mögliche neue Regierung für Österreich besprochen. Es herrsche keine Besorgnis in Brüssel darüber, dass es möglicherweise wieder eine schwarz-blaue Regierung geben könnte - jedenfalls kein Vergleich zur Schwarz-blau im Jahr 1999, so Kern.

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Christian Kern

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