EU-Gipfel: Schulz fordert Schulden-Lösung für Griechenland

Martin Schulz
Eurogruppe soll Klärung bis Jänner finden. Es muss auch die "Verzweiflung der Bürger berücksichtigt" werden, sagte der scheidende EU-Parlamentspräsident beim Treffen der Staats- und Regierungschefs.

Der scheidende EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat die Eurogruppe zu einer Lösung der Schuldenlage in Griechenland aufgefordert. Zum von der Währungsunion verhängten Stopp von Schuldenerleichterungen sagte Schulz beim EU-Gipfel, es sollten nicht über eine Belastung der bedürftigsten Pensionisten die Haushaltsprobleme gelöst werden.

Bei seinem letzten Auftreten bei einem Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs als Parlamentspräsident warnte Schulz, dass es "falsch ist, sich immer nur die Ausgaben bei der Haushaltspolitik anzuschauen". Wenn erklärt werde, es müsse gespart und gekürzt werden, und dann würden die Investoren schon wieder kommen, "funktioniert das nicht". Es müsse auch die "Verzweiflung der Bürger berücksichtigt" werden.

"Eine solche Politik spielt den Populisten in die Hände"

"Die Bürger haben das Gefühl, wir müssen die Zeche mit unseren Steuergeldern zahlen, aber die großen Multis und die Superreichen parken ihr Geld im Steuerparadies. Die müssen keine Steuern zahlen, das ist Ungerechtigkeit", sagte der Sozialdemokrat und warnte: Gleichzeitig würde eine solche Politik den Populisten in die Hände spielen.

Der scheidende Parlamentspräsident konzedierte, dass die nun von Griechenland getroffenen Mehrausgaben für Mindestrentner bei strikter Betrachtung nicht der Vereinbarung mit der Eurogruppe entsprechen. "Zugegebenermaßen. Aber ich verstehe auch, was die griechische Regierung macht, weil sie versucht, die Verletzbarsten in der Weihnachtszeit ein Stückchen zu schützen". Er hoffe, dass die Eurogruppe "vielleicht bis Jänner einen Weg findet, beides miteinander zu vereinbaren".

Im Streit über rasche Schuldenerleichterungen hat Griechenland Rückendeckung von der EU-Kommission erhalten. Es gebe keinen Grund, die bereits beschlossenen Vereinbarungen in Zweifel zu ziehen, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici am Donnerstag. Den vorläufigen Stopp der Pläne durch die Euro-Länder könne er nicht nachvollziehen.

In Reaktion auf die angekündigte Sonderzahlung der griechischen Regierung für Rentner hatten die Geldgeber die zugesagten Schuldenerleichterungen am Mittwoch ausgesetzt.

Kritik aus Frankreich

Der französische Präsident Francois Hollande hat die Entscheidung der Eurogruppenspitze kritisiert, Maßnahmen zur Schuldenerleichterung für Griechenland hinauszuzögern. Er sei dafür, Athen "würdig" zu behandeln, sagte Hollande am Donnerstag bei seiner Ankunft beim Brüsseler EU-Gipfel. Es komme nicht in Frage, "nochmals zusätzliche Anstrengungen von Griechenland zu verlangen".

Ähnlich äußerte sich zuvor der französische Finanzminister Michel Sapin. Er erinnerte daran, dass die Maßnahmen zur Schuldenerleichterung für Griechenland an "keinerlei Bedingung" geknüpft seien.

Hoffen auf rasche Einigung

Griechenlands Finanzminister Euklid Tsakalotos hofft auf eine rasche Einigung mit den Geldgebern über noch offene Fragen in den Gesprächen der zweiten Reform-Prüfrunde. "Wir sind wieder einmal in einer entscheidenden Phase", sagte er am Donnerstag in Berlin. Er sei fast sicher, dass Griechenland seit Anfang des Jahres drei aufeinanderfolgende Wachstumsquartale erlebt habe. Daher werde der Primärüberschuss im Haushalt deutlich über den Zielwerten liegen, die mit den Geldgebern verabredet seien. Es wäre daher nach seinen Worten "eine Schande", wenn man nicht rasch zu einer Einigung käme und der IWF dann über eine Beteiligung am Hilfsprogramm entscheiden könne.

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras warnte vor dem EU-Gipfel vor "Erpressungen". Er glaube, dass es einen Durchbruch in den Verhandlungen geben könnte, sagte er. Details nannte er nicht.

Einmalig 617 Millionen Euro für Rentner

Tsipras hatte angekündigt, an Rentner mit niedrigen Pensionen einmalig insgesamt 617 Mio. Euro auszuzahlen. Zudem soll die geplante Mehrwertsteuererhöhung für bestimmte Inseln in der Ägäis entfallen. Er begründete seinen Schritt mit der zuletzt günstigen Haushaltsentwicklung und den guten Steuereinnahmen.

Die Arbeitslosigkeit in dem Ägäis-Staat geht ebenfalls zurück, wenn auch nur langsam. Im dritten Quartal lag die Arbeitslosenquote bei 22,6 Prozent - nach 23,1 im Frühjahr. Damit ist sie aber immer noch so hoch wie in keinem anderen europäischen Land.

Die Euro-Partner, die seit Jahren eine Staatspleite Griechenlands verhindern, hatten kritisiert, dass die Maßnahmen mit ihnen nicht abgesprochen seien.

Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble forderte die Gläubiger-Institutionen IWF, EU-Kommission und EZB auf, zu klären, ob alles in Einklang mit den geltenden Verabredungen steht. Nach den Regeln des derzeit laufenden 86 Mrd. Euro schweren Hilfsprogramms kann die griechische Regierung nach Einschätzung von EU-Insidern die Sozialausgaben erhöhen, wenn sie ihre Haushaltsziele übertrifft. Allerdings sollte sie vor einem solchen Schritt mit den Geldgebern sprechen.

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