Erstes Treffen: Tauwetter und Winterspiele

Handshake: Cho Myoung-Gyon (li.) und Ri Son-Gwon
Die Olympiateilnahme und Familienzusammenführungen sind die ersten Erfolge der Gespräche.

Panmunjom am 9. Jänner 2018. Minus 4 Grad Celsius, leichter Schneefall. Und doch liegt Tauwetter in der Luft. An dem Ort an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea war 1953 nach fast 800 Konferenzen ein Waffenstillstandsabkommen zwischen den Kriegsparteien im Korea-Krieg geschlossen worden. Seither gehörte er zu der entmilitarisierten Zone und wurde geräumt. Immer wieder kamen Delegationen aus Nord und Süd hier zu Verhandlungen zusammen.

So wie gestern. Bei den ersten hochrangigen Gesprächen seit zwei Jahren zwischen den beiden Staaten nahmen unter anderen der Chef des nordkoreanischen "Komitees für die friedliche Wiedervereinigung des Vaterlandes", Ri Son-Gwon, sowie der südkoreanische Wiedervereinigungsminister Cho Myoung-Gyon teil. Im Vordergrund stand die Teilnahme einer nordkoreanischen Delegation bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang (siehe unten). Südkorea erwägt dazu in Absprache mit der UNO eine zeitweise Aussetzung von Sanktionen gegen den Norden. Außerdem solle es im Februar zu neuen Treffen von Familien kommen, die durch den Koreakrieg getrennt worden waren.

Als "Durchbruch" könne man die Gespräche noch nicht bezeichnen, meinen Beobachter. Allerdings sei dieser Dialog zwischen Nord- und Südkorea ein wichtiger Schritt in Richtung Entspannung, was das inner-koreanische Verhältnis betrifft.

Selbstverständlich stehe die Frage im Raum, inwiefern die neuen Entwicklungen taktische Rhetorik oder doch wirklicher Wandel seien. Eric Ballbach von der Freien Universität Berlin spricht gegenüber der ARD-"Tagesschau" zumindest von dem "kurz- bis mittelfristigen" gemeinsamen Ziel beider Seiten, Vertrauen aufzubauen, um für Entspannung zu sorgen. Für Pjöngjang steht die Stabilität des Systems im Vordergrund, für Seoul die Ruhe in der Region – vor allem in Anbetracht der bevorstehenden Olympischen Spiele.

Beiderseitiges Interesse

Moon Jae-in, seit vergangenem Mai Präsident von Südkorea, hatte schon im Wahlkampf versprochen, das Verhältnis mit Nordkorea zu verbessern. Seine Politik dürfte jetzt Früchte tragen.

Kim Jong-un auf der anderen Seite, der bereits seit 2011 in Nordkorea an der Macht ist, verfolgt eine Doppelstrategie: Atomprogramm abschließen und Wirtschaft vorantreiben. Durch seine angeblichen nuklearen Kapazitäten, die er immer wieder betont, sieht Kim sich nun gestärkt. Der nächste Schritt wäre es, sich auf die Wirtschaft zu konzentrieren. Die Versorgungslage in der Volksrepublik ist desaströs.

Auf das Atomprogramm angesprochen habe die Delegation Nordkoreas bei den gestrigen Gesprächen jedenfalls "negativ" reagiert. Allerdings war das Treffen darauf auch gar nicht ausgelegt. Die Nuklearfrage habe in diesen Gesprächen nichts verloren. Das machte die nordkoreanische Delegation offenbar in Panmunjom klar. Dieses Thema muss zwischen Pjöngjang und Washington geklärt werden. Ein ungleich schwierigerer Drahtseilakt, wie die Verbalgefechte zwischen Machthaber Kim Jong-un und US-Präsident Donald Trump in den vergangenen Wochen gezeigt haben.

Das „International Olympic Committee“ steht in der Kritik, die Spiele zu reinen Kommerzveranstaltungen verkommen zu lassen. Nun schlägt dem IOC die Chance, endlich auf die völkerverbindende und friedensstiftende Funktion des Sports verweisen zu können. In Korea herrscht Tauwetter.
Für die Verhandlungspartner stand am Dienstag „Pyeongchang-Mineralwasser“ bereit, das nach dem Ort der kommenden Winterspiele in Südkorea benannt ist. Nordkorea will eine Delegation nach Pyeongchang schicken. Samt Sportlern. Aber welche?


Sportlich hat nur das Eiskunstlauf-Paar Ryom Tae Ok und Kim Ju Sik die Qualifikation geschafft. Allerdings ließ man in Nordkorea die Anmeldefrist des internationalen Eiskunstlaufverbandes ISU verstreichen. Nun hat das IOC die Meldefristen für nordkoreanische Athleten verlängert. Und sie will weitere Athleten einladen mittels Wildcards.

Nordkorea hat auch angeboten, ein Demonstrations-Team im Taekwondo nach Pyeongchang zu schicken. In dieser ur-koreanischen Kampf- und olympischen Sommersportart gibt es einen ganz besonderen Konflikt. Nordkorea führt derzeit die ITF (International Taekwondo Federation), in Südkorea sitzt das WT (World Taekwondo). Die beiden Weltverbände haben unterschiedliche Regeln, die des WT werden vom IOC als Standard anerkannt. Trotz der Differenzen hat Taekwondo in Korea besonderen Wert. Im Juni schickte Nordkorea ein Demonstrationsteam zur WT-WM nach Südkorea.

(Günther Pavlovics)

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