Dutzende Tote bei Christen-Demo in Kairo

Dutzende Tote bei Christen-Demo in Kairo
Eine anfangs friedliche Demonstration geriet völlig außer Kontrolle. Mindestens 24 Menschen sind getötet worden.

Bei den schwersten Ausschreitungen seit dem Sturz von Ex-Staatschef Hosni Mubarak im Februar sind am Sonntag im Zentrum von Kairo mindestens 24 Menschen getötet worden. Weitere 200 wurden verletzt. Rund 2000 koptische Christen hatten zuerst friedlich gegen muslimische Extremisten demonstriert, die vor eineinhalb Wochen in der südlichen Provinz Assuan eine Kirche niedergebrannt hatten. Die Demonstranten gerieten dann vor dem Fernsehgebäude mit Bewohnern der umliegenden Wohnviertel und mit dem Militär aneinander. Bereits im März hatte es einen Ausbruch religiös motivierter Gewalt gegeben. Damals starben 13 Menschen in Kairo. Auslöser war ebenfalls Brandstiftung in einer Kirche.

Hunderte Demonstranten - viele trugen Kreuze und Jesus-Bilder - und Polizisten kämpften auf einer Brücke der ägyptischen Hauptstadt mit Knüppeln gegeneinander. Die koptischen Christen erklärten, sie seien von den Streitkräften angegriffen worden.

Der vom Militär gestützte Ministerpräsident Essam Sharaf erklärte, er habe Kirchenoberhäupter und Sicherheitskräfte kontaktiert, um die Situation unter Kontrolle zu bringen. Sharaf verurteilte die Ausschreitungen. Er beschuldigte im sozialen Netzwerk Facebook "vandalisierende Kräfte", die Chaos im Land säen und religiöse Spannungen schüren wollten.

Panzerwagen gegen Menschen

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Die Randale hätten begonnen, nachdem Demonstranten auf die Soldaten vor dem Fernsehgebäude geschossen und mit Steinen geworfen hätten, berichtete das Staatsfernsehen. Darüber hinaus seien mehrere Autos und Busse in Brand gesetzt worden. Die koptischen Demonstranten seien beschossen worden, als ihr Marsch den Platz vor dem Fernsehgebäude erreicht habe, berichteten Teilnehmer den Reportern der Webseite almasryalyoum.

Zwei Panzerspähwagen der Armee seien außerdem mitten in die Menge gefahren, berichteten Augenzeugen. Dabei seien mehrere Demonstranten überrollt und getötet worden. Ein Teilnehmer zeigte den Reportern angebliche Schädelteile eines Freundes, der auf diese Weise getötet worden sein soll. Das Staatsfernsehen behauptete wiederum, die tödlichen Schüsse auf die Soldaten seien von protestierenden Kopten abgegeben worden.

Die Spannungen zwischen Christen und Muslimen haben zuletzt stetig zugenommen. Die Christen machen rund zehn Prozent der ägyptischen Bevölkerung aus.

In Ägypten finden am 28. November die ersten Parlamentswahlen nach dem Sturz von Mubarak statt.

Islamisten distanzieren sich von Gewalt

Radikale Muslime in Ägypten haben eine mögliche Schuld für den Gewaltausbruch im Zentrum der Hauptstadt Kairo von sich gewiesen. Man verurteile, was geschehen ist, erklärte ein Sprecher der sogenannten Salafisten-Bewegung am Montag.

Ausgangssperre

Nach den schweren Unruhen hat die regierende ägyptische Militärführung eine fünfstündige Ausgangssperre über Teile Kairos verhängt. Wie das staatliche Fernsehen berichtete, gilt sie von 2.00 Uhr in der Nacht bis 7.00 Uhr am Montagmorgen. Die Ausgangssperre gelte für den Tahrir-Platz und das Stadtzentrum. Für Montag berief die Militärregierung das Kabinett zu einem Dringlichkeitstreffen ein.

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