Stockholm: Dutzende Maskierte jagten Flüchtlinge

Symbolbild
Die Männer attackierten jeden, der ein ausländisches Aussehen hatte.

In der schwedischen Hauptstadt Stockholm haben in der Nacht zum Samstag mehrere dutzend schwarz gekleidete und maskierte Männer Jagd auf Flüchtlinge gemacht. Die Übergriffe fanden am Sergels Torg statt, einem großen Platz im Zentrum der Stadt. Hier befindet sich auch T-Centralen, das Herz des Stockholmer U-Bahnnetzes.

Wie die Daily Mail berichtet, hätten die Männer Jagd auf alle Menschen in und um den Bahnhof gemacht, die nicht wie Einheimische aussahen.

"Als ich vorbeikam, sah ich eine Gruppe von Maskierten und schwarz Gekleideten, die auf Ausländer einschlugen", sagte ein geschockter Augenzeuge der Tageszeitung Aftonbladet.

Die Wut des Mobs hatte sich offenbar an dem gewaltsamen Tod einer Mitarbeiterin in einem Asylheim im Westen Schwedens entzündet. Die 22-Jährige wurde am vergangenen Montag in der Unterkunft für unbegleitete Minderjährige in Mölndal bei Göteborg erstochen. Tatverdächtiger ist ein 15-Jähriger Asylwerber .

Fremdenfeindliche Flyer verteilt

Vor den Attacken in Stockholm in der Nacht auf Samstag sollen ausländerfeindliche Flyer mit der Aufschrift "Es reicht" verteilt worden sein. Auf den Flugblättern sollen die Organisatoren des Treffens u.a. auch dazu aufgerufen haben, "Kindern aus den Straßen Nordafrikas ihre verdiente Strafe zu erteilen". Die Website Nordfront, die zur Neonazi-Bewegung SMR gehört, sprach von 100 Hooligans, die an dem Treffen teilgenommen hätten.

Die Polizei meldete vier Festnahmen, darunter ein 46-Jähriger, der einem Polizisten in Zivil ins Gesicht geschlagen hatte. Die Polizei war im Voraus über die Verabredung von rechtsextremen Gruppen informiert - einem großen Platz im Zentrum Stockholms, der als Treffpunkt von Jugendlichen, Obdachlosen und jungen Einwanderern bekannt ist. Deshalb wurden in der Gegend starke Polizeieinheiten zusammengezogen. Es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer gewalttätigen Vereinigung eingeleitet. Der Polizei lagen am Samstag keine Strafanzeigen vor.

Wie die Daily Mail weiters berichtet, soll die Polizei vergangene Woche Probleme mit unbegleiteten Minderjährigen aus Marokko eingeräumt haben. Besonders das Areal um den Stockholmer Hauptbahnhof werde immer unsicherer, da die Jugendlichen den Platz in „Besitz genommen“ hätten, heißt es. Sie würden dort auch übernachten und sich ihren Lebensunterhalt mit kriminellen Taten verdienen.

Schweden will verstärkt abschieben

Schweden will minderjährige Marokkaner künftig verstärkt in ihr Heimatland zurückschicken. Gemeinsam mit Marokko wird demnach eine Arbeitsgruppe gegründet, um die Jugendlichen, die sich ohne Begleitung in Schweden aufhalten, schneller zu identifizierten. Die schwedische Regierung kündigte an, Programme zur Integration und Ausbildung der ausgewiesenen Jugendlichen in ihrer Heimat zu unterstützen.

Der offiziellen Statistik zufolge stammten 2015 etwa 400 der knapp 35.400 minderjährigen Asylbewerber, die alleine nach Schweden kamen, aus Marokko. Die Einwanderungsbehörde geht aber davon aus, dass viele von ihnen nach ihrer Einreise untertauchen, da sie wissen, dass ihre Chancen auf Asyl in Schweden äußerst gering sind.

Insgesamt plant Schweden derzeit die Abschiebung von bis zu 80.000 abgelehnten Asylbewerbern. Die Regierung habe die Polizei und die Einwanderungsbehörde angewiesen, dies umzusetzen, sagte Innenminister Anders Ygeman schwedischen Medien. Der schwedische Innenminister sagte, normalerweise würden abgelehnte Asylbewerber an Bord von Linienmaschinen abgeschoben. Angesichts der hohen Zahl der Abzuschiebenden würden nun aber Charterflugzeuge angemietet. Vermutlich werde sich dies über mehrere Jahre hinziehen.

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