Drei Amokläufer erschüttern Franzosen

Eine Attacke auf Polizisten, zwei gegen Weihnachtseinkäufer mit vielen Verletzten.

Umgangsprachlich würde man die drei Männer, die in den letzten drei Tagen in der französischen Provinz Panik gesät haben, als Irre bezeichnen. Aber da zumindest in zwei Fällen ihre Attacken vom Ruf „Allahu Akbar“ (Gott ist groß) begleitet wurden, liegt der Zusammenhang mit dschihadistischer Propaganda auf der Hand.

Am Montag-Abend war der Lenker eines kleinen Transportfahrzeugs mitten in die Besuchermenge des Weihnachtsmarkts in der westfranzösischen Stadt Nantes gefahren. Zehn Personen wurden verletzt, fünf davon schwer. Der Fahrer versuchte sich anschließend mit einem Messer selber zu töten.

Am Sonntag-Abend hatte ein Autofahrer in der Stadt Dijon Passanten, die von ihren Weihnachtseinkäufen heimkehrten, auf Gehsteigen überfahren. 13 Personen wurden verletzt. Der 40 jährige Amokfahrer Nasser Al Din, den die Polizei knapp darauf stellte, habe bei seiner Einvernahme als Motiv „Vergeltung für die palästinensischen Kinder“ angegeben, hieß es aus Beamtenkreisen. Aber die zuständige Staatsanwältin erklärte, es handle sich „nicht um einen Terror-Akt“, sondern „um ein psychiatrisches Problem“. Der Täter sei in 13 Jahren 157mal in die Psychiatrie eingewiesen worden. Vor seiner Amokfahrt hatte er eine Überdosis an Psycho-Pharmaka geschluckt.

Angreifer war „wie besessen“

Einen Tag zuvor hatte ein 20 Jähriger in einer Vorstadt von Tours am Portal des örtlichen Kommissariats heftig gerüttelt. Zwei Wachhabende hielten den Mann für einen Hilfesuchenden und öffneten. Sie wurden mit einer scharfen Klinge angegriffen und schwer verletzt. Eine Polizistin erschoss den „wie besessen wirkenden Angreifer“.

Über diesen wurde bekannt, dass er ursprünglich Bertrand hieß und sich seit seinem Übertritt zum Islam Bilal nannte. Seine aus Burundi eingewanderten Eltern hatten sich getrennt, er hatte eine Schweißer-Lehre aufgegeben und war wegen Diebstählen polizeibekannt. Auf Facebook veröffentlichte Bilal morbide Tiraden: „Es gibt solche, die erhobenen Hauptes sterben, weil sie sich dem Allmächtigen zu Füssen werfen, und andere, die mit dem Kopf in der Toilette, so wie sie gelebt haben, schäbig enden.“ In der Moschee, die er besuchte, fiel er dem Imam auf, weil er zuletzt derartig depressiv wirkte, dass Gesprächsversuche in Tränen endeten. Die Polizei fand Montag ein religiöses Testament von Bilal, in dem dieser Gott bittet, ihm die „nötige Kraft für sein Vorhaben zu verleihen“.

Sein um zwei Jahre jüngerer Bruder Brice war bei den Sicherheitsbehörden bereits als Dschihad-Sympathisant vorgemerkt. Die eigene Mutter hatte die Behörden über die zunehmende Radikalisierung von Brice alarmiert, weil sie dessen negativen Einfluss auf Bertrand alias Bilal fürchtete. Dieser Bruder ist inzwischen in Burundi von der Polizei festgenommen worden und wird demnächst von den französischen Beamten verhört werden.

Premier Valls: „Gefahr war noch nie so groß“

Premierminister Manuel Valls erklärte am Montag: „Noch nie war die Terrorgefahr in Frankreich so groß wie jetzt“. Dabei verwies Valls darauf, dass mehr als 1000 Franzosen als Dschihadisten identifiziert worden seien, 300 würden sich derzeit im Kampgebiet aufhalten, 57 seien dort bereits umgekommen.

Innenminister Bernard Cazeneuve, der die drei Tatorte aufgesucht hatte, warnte allerdings: „Hüten wir uns vor voreiligen Schlüssen und Verallgemeinerungen“. Wie zur Bestätigung sah man bei TV-Übertragungen Spitalsärzte, Polizeibeamte und Jugendbetreuer mit muslimischen Namen bei ihrem Einsatz für die Opfer und gegen die Dschihadisten.

Aber Frankreichs Öffentlichkeit steht zurzeit auch unter dem Eindruck eines anti-muslimischen Publizisten, Eric Zemmour. Sein Publikumserfolg erinnert an jenen von Thilo Sarrazin in Deutschland. Zemmour ortet in seinem jüngsten Bestseller („Frankreichs Selbstmord“) ein Komplott aus Muslimen, Feministen und USA. In einem jüngsten Interview prophezeit er einen von Muslimen verursachten Bürgerkrieg und will auch ihre Vertreibung nicht ausschließen.

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