Die Sex-Umtriebe eines Ultra-Religiösen

Fünf Frauen klagen an / Roy Moore als Wortführer der Evangelikalen.

Lange bevor Roy Moore in den Sex-Skandal geriet, der gerade die republikanische Partei in Amerika vor die Zerreißprobe stellt, war der fromme Mann davon überzeugt, dass über den von Menschen gemachten Gesetzen immer das Wort Gottes thront. Darum ließ der ehemalige Oberste Verfassungsrichter des US-Bundesstaates Alabama einmal eine tonnenschwere Skulptur der Zehn Gebote vor dem Justizgebäude in der Hauptstadt Montgomery aufstellen. Was ihn im Land der formal strikten Trennung von Kirche und Staat spektakulär den Job kostete.

Gegen Homo-Ehe

Ähnliches widerfuhr dem als kompromisslos bekannten Baptisten nach seiner Wiederwahl. Er wies die Standesbeamten des tief religiösen Südstaates an, auf keinen Fall Schwule und Lesben zu trauen. Weil Homosexualität "das Böse" verkörpere und auf "Bestialität" gründe. Dabei hatte zuvor das höchste US-Gericht die Legalität gleichgeschlechtlicher Ehen anerkannt und untere Rechtsinstanzen entsprechend instruiert.

Auch diese Schlappe überstand der 70-Jährige ohne bleibende Spuren. Im Gegenteil. Gegen die ausdrückliche Empfehlung von Präsident Donald Trump wählte Alabama den bekennenden religiösen Fundamentalisten gerade zum Anwärter für den Senat in Washington.

Doch vor dem Wahlgang gegen den Demokraten Doug Jones am 12. Dezember hat sich die politische Zukunft des bevorzugt zu Pferd und mit Waffe auftretenden Juristen arg verfinstert.

Moore soll in den 1980er-Jahren vier Frauen sexuell behelligt haben. Darunter soll mit Leigh Corfman eine damals 14-Jährige gewesen sein. Auch wenn längst die Verjährung eingetreten ist, hätte sich Moore seinerzeit (potenzieller Rahmen: bis zu zehn Jahre Gefängnis) strafbar gemacht. Denn die Altersgrenze für sexuelle Handlungen mit Minderjährigen lag in Alabama damals wie heute bei 16 Jahren. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, müsse Moore seine Kandidatur beerdigen, hatte Trump bereits während seiner Asien-Reise erklärt.

Begrapscht

Corfman und die anderen Frauen haben sich der Washington Post anvertraut, die detailliert die Ereignisse im O-Ton rekonstruierte. Danach soll Moore die heute 53-jährige Corfman bei einem Treffen ausgezogen und an BH und Slip befingert haben. Als er die Hand des Mädchen an sein Geschlechtsteil führen wollte, wies Corfman ihn erschrocken ab und bat darum, nach Hause gefahren zu werden. "Ich hatte nie meine Hand auf den Penis eines Mannes gelegt, schon gar nicht einen erigierten", sagte sie der Zeitung. Erst nach zehn Jahren, da war Moore bereits eine einflussreiche Justiz-Größe, habe sie sich getraut, ihrer Mutter von der Episode zu erzählen.

Moore bezeichnete die Vorwürfe als "komplett falsch" und sich selbst als Opfer einer von den "liberalen Medienschoßhunden" der demokratischen "Obama- und Clinton-Maschine" gesteuerten Kampagne. Seinen Anhängern versicherte er: "Ich werde nicht aufgeben."

Jim Zeigler, ein Vertrauter Moores, zog sogar die Bibel heran: "Nehmen wir nur einmal Josef und Maria. Maria war eine Jugendliche und Josef ein erwachsener Zimmermann. Sie wurden die Eltern von Jesus", sagte Zeigler in einem Interview, "daran ist überhaupt nichts Unmoralisches oder Illegales."

Zwei Dutzend Top-Republikaner sehen das anders, allen voran Mitch McConnell, der Mehrheitsführer im Senat. Sie wünschen sich, dass der in Alabama hoch geschätzte Eiferer, der in den 1980er Jahren in einem Einkaufszentrum seiner Heimatstadt Gadsen Hausverbot hatte, weil er zu oft jungen Mädchen nachgestellt haben soll, so schnell wie möglich wieder in der Versenkung verschwindet. Sollte er dennoch am 12. Dezember gewählt werden, so kündigte der republikanische Senator Cory Gardner an, müsse das Oberhaus des US-Parlaments die Geschäftsordnung bemühen und Moore ausschließen.

Der Furor, mit dem die Parteifreunde den rechtsaußen verorteten Ideologen überziehen, wurzelt in der Angst vor einer Vergeltungsaktion der Wähler bei den Zwischenwahlen zum Kongress in einem Jahr. Zumal die Vorwürfe nicht abreißen.

Der Lüge überführt? Gerade erst wagte die heute 55 Jahre alte Beverly Young Nelson den Schritt in die Öffentlichkeit und schilderte unter Tränen en detail, wie Moore sie als 16-Jährige in sein Auto gelockt und massiv sexuell belästigt haben soll. Moores Konter – "ich kenne diese Frau nicht" – hat in konservativen Kreisen für Schnappatmung gesorgt. Grund: 1977 schrieb der damals bereits im Rang eines Bezirksstaatsanwalts tätig gewesene Moore der jungen Beverly eine romantische Widmung in ihr Highschool-Jahrbuch.

Kommentare