Dritte TV-Debatte: Letzte Chance für Trump?

Hillary Clinton und Donald Trump bei der hart geführten zweiten TV-Debatte
Die Chancen des republikanischen Präsidentschaftskandidaten schwinden. Die finale TV-Debatte ist vielleicht die letzte Gelegenheit für einen effektiven Befreiungsschlag.

Las Vegas ist berühmt für seine Casinos. Vielleicht ist der Schauplatz der dritten und letzten TV-Debatte zur US-Präsidentschaft auch genau der richtige Ort für Donald J. Trump, der bereits "Alles oder Nichts" spielen muss.

Nach den Negativmeldungen der vergangenen Wochen liegt der Republikaner in den meisten Umfragen deutlich hinter Hillary Clinton. Die aktuellste Umfrage hat Clinton mit sechs Prozent vorn. Sie stammt vom als republikanerfreundlich geltenden TV-SenderFox News, der in der Nacht auf Donnerstag auch Ausrichter der letzten TV-Debatte ist (2:50 Uhr live in ORF 2). The Upshot, das Wahl-Analyseportal der New York Times, sieht eine 92-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass die Demokratin Clinton 45. Präsident der USA wird. Als ob das nicht deutlich genug aussieht, zieht The Upshot noch einen Vergleich aus der Sportwelt: Eine Clinton-Niederlage wäre so, als ob ein NFL-Profi im American-Football ein 31-Yard-Field-Goal vergeben würde. Auf europäische Verhältnisse umgelegt: ein Elfer ohne Tormann.

Wettportal legt sich auf Clinton fest

Ein beliebtes Wett-Portal aus Irland ist sich sogar so sicher, dass es sich auf ein gewagtes Gamble eingelassen hat. Nach eigenen Angaben zahlt PaddyPower bereits drei Wochen vor der Wahl mehr als eine Million Dollar an jene Briten und Iren aus, die zuvor auf Clinton gesetzt haben. Die Trump-Kampagne sei bereits tot, begründet man die ungewöhnliche Aktion bei PaddyPower. "Die kürzliche Flut an Enthüllungen hat ihm komplett den Schwung genommen und Trumps Chancen sind nun so fleckig wie seine Gesichtsfarbe", heißt es im Buchmacher-Blog. Clintons Chancen werden hier mit 85,7 Prozent angegeben.

Harter Fight im zweiten Duell

Las Vegas ist nicht nur fürs Gambeln bekannt, sondern auch für seine Boxkämpfe. Und bisweilen erinnert dieser US-Wahlkampf an einen solchen. Neben dem diesmal besonders aggressiven "Negative Campaigning" bleibt vor allem die zweite TV-Debatte im Gedächtnis, als Clinton und Trump einander derb beflegelten, obwohl sie eigentlich Bürgerfragen beantworten sollten. Trumps abwertende Aussagen über Frauen in einem elf Jahre alten Video standen da zunächst im Zentrum der Debatte, und dieser reagierte wie ein angeschlagener Boxer, der wie wild um sich schlägt. "The Donald" suchte sein Glück in Gegenangriffen gegen Clintons Gatten Bill und meinte, Hillary würde wegen ihrer Email-Affäre noch "im Gefängnis" landen.

Immerhin wirkte Trump im zweiten Duell wesentlich besser vorbereitet als in der ersten TV-Debatte, die Clinton deutlich gewonnen hatte. Die Demokratin brachte da den Immobilien-Tycoon mit scharfen Vorwürfen zu seinen Geschäftspraktiken gekonnt in die Defensive.

Was Clinton und Trump machen können

Was kann Trump im letzten TV-Duell noch tun? Der US-Politologe Aaron Kall von der Universität Michigan sagt gegenüber der Deutschen Presseagentur: "Er sollte angriffslustig bleiben, aber einen laserscharfen Fokus auf Clintons Schwächen haben - ihre E-Mails, mögliche Korruption." Die lange zurückliegenden Skandale des Ehepaar Clinton sollte Trump hingegen eher meiden, rät Kall. "Die Wähler schauen lieber nach vorne".

Hillary Clinton würde angesichts der guten Umfragewerte wohl gern "auf einem sicheren Pfad" ins Ziel gleiten. Experte Kall fand sie aber schon in der zweiten Debatte "zu risikoscheu". Sie habe Trump "einfach zu viel durchgehen lassen. Sie muss sich nicht auf jede Auseinandersetzung einlassen, sollte sich aber ein paar Punkte herauspicken, wo sie ihn aus seiner ständigen Offensive herausholt". Kall rät ihr außerdem zu "frischen Ideen" und "richtigen Krachern". Die meisten ihrer Sprüche seien mittlerweile abgenutzt.

Kall rechnet mit geringeren Zuschauerzahlen als bei den ersten beiden Debatten, auch weil sich der Großteil der Wähler bereits entschieden habe. Dennoch sollten die beiden Kandidaten die letzte Debatte noch nützen, um "irgendwelche knackigen Ideen oder eine neue Agenda" auf den Tisch zu legen, sagt Kall. Danach sei es zu spät.

Wo liegen Trumps Chancen?

Während Medien wie das Time Magazine bei Trumps Kampagne eine "komplette Kernschmelze" diagnostizieren, sieht Kathleen Parker von der Washington Post Trumps Chancen weiterhin intakt. Nicht weil er der bessere Kandidat wäre, sondern weil zwei Drittel der Amerikaner laut Umfragen der Meinung sind, dass das Land derzeit in die falsche Richtung geht. In den USA reagiert man darauf üblicherweise mit einem Wechsel der Partei im Präsidentenamt. Die Unentschlossenen und die "Unberechenbaren" könnten also auf die Seite von Trump fallen, schreibt Parker.

Dritte TV-Debatte: Letzte Chance für Trump?
GRAND JUNCTION, CO - OCTOBER 18: A Trump supporter wears a "Hillary for Prison" button as he waits in line for a rally where Republican Presidential Candidate Donald Trump will speak on October 18, 2016 in Grand Junction, Colorado. Trump is on his way to Las Vegas for the third and final presidential debate against Democratic presidential candidate Hillary Clinton. George Frey/Getty Images/AFP ++ KEINE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGS-BEILAGEN! NUR REDAKTIONELLE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGEN, TAGESAKTUELLER TV-BERICHTERSTATTUNG (AKTUELLER DIENST) UND DIGITALEN AUSSPIELKAN€LEN (WEBSITES/APPS) IM UMFANG DER NUTZUNGSVEREINBARUNG. S€MTLICHE ANDERE NUTZUNGEN SIND NICHT GESTATTET.++
Unangenehm für Clinton könnten auchaktuelle EnthüllungenderWashington Postsein, wonach ein ehemaliger Mitarbeiter Clintons im Außenministerium das FBI gebeten habe, die Vertraulichkeitsstufe eines ihrer Emails nachträglich zu senken. Gut möglich, dass Trump in der Universität von Las Vegas darauf Bezug nimmt.

Moderator will keine Fakten checken

Bisher hat es Trump bei den Debatten nicht immer ernst mit den Fakten genommen. Der Moderator des letzten TV-Duells, Chris Wallace, sieht seinen Job dennoch nicht als "Wahrheitskommando", sondern eher als "Zeitmesser". Die Kandidaten müssten schon selbst versuchen, den anderen beim Lügen "zu erwischen", sagte Wallace (69), der als erster Fox-News-Moderator eine "Presidental Debate" leiten darf.

Bei einer Debatte zu den Vorwahlen der Republikaner im März hatte Wallace seine Rolle noch anders gesehen. Damals erklärte der Journalist, er habe versucht Trumps Fakten beinahe in Echtzeit zu checken, weil dieser die immer gleichen Lügen wiederhole. Vor der Kür Trumps zum Kandidaten der Republikaner standFox Newsdem rüpelhaften Neo-Politiker noch eher skeptisch gegenüber. Mittlerweile istFox Newseine der wenigen Fernsehstationen, deren Journalisten Trump nicht als "Lügner" oder "Ratten" bezeichnet.

Kommt Trump-TV?

Vielleicht gründet Trump aber ohnehin bald seinen eigenen TV-Sender. Laut einem Bericht der Financial Times soll Trumps Schwiegersohn Jared Kushner Gespräche mit einem Investmentbanker geführt haben, der über gute Kontakte in die Medienindustrie verfügt. Das gibt jenen Gerüchten Nahrung, dass Trump im Falle einer Niederlage ein eigenes Medienunternehmen gründen wolle. Ein Donald J. Trump, der plötzlich ohne entsprechende Aufmerksamkeit da steht, erscheint nach diesem Wahlkampf auch schwer denkbar.

Dritte TV-Debatte: Letzte Chance für Trump?
USA - Wahrscheinliches Wahlergebnis laut Umfragen, Wahlmänner/-frauen pro Staat - Karte, Tabelle GRAFIK 0840-16, 88 x 206 mm
  • Afroamerikaner: Seit sich die Demokraten für das Wahlrecht von Afroamerikanern einsetzten, gehören diese zu deren treuesten Wählergruppen. Als erster schwarzer US-Präsident erhielt Barack Obama 2012 bei seiner Wiederwahl 95 Prozent ihrer Stimmen. Auch Clinton kann auf die Unterstützung der Wählergruppe hoffen, allerdings nicht mit einer hohen Wahlbeteiligung von 66 Prozent wie vor vier Jahren. Wie auch bei anderen Gruppen hat sich Trump mit kontroversen Bemerkungen auch bei schwarzen Bürgern nicht beliebt gemacht. Auch sein Argument "Was haben Sie zu verlieren" dürfte wenige überzeugen.
  • Hispanics: US-Bürger mit lateinamerikanischen Wurzeln sind die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe. Auch diese Gruppe gab ihre Stimme 2012 meist Obama, machte damals aber einen geringeren Teil der Wähler aus. Die Demokraten müssen sie vor allem zum Wählengehen überreden - 2012 taten das nur 48 Prozent. Das Zünglein an der Waage könnten Hispanics im Wechselwählerstaat Florida sein, wo die große Gruppe kubanischstämmiger Bürger traditionell die Republikaner unterstützt. In Bundesstaaten mit großem Latino-Anteil wie Colorado und Arizona könnten Trumps abfällige Bemerkungen über mexikanische Einwanderer und die Forderungen nach einem Riesengrenzwall Clinton zugute kommen.
  • Frauen: Frauen sind schon seit Beginn seiner Kandidatur ein Schwachpunkt für Donald Trump. Nach zahlreichen sexistischen Einlassungen dürfte das jüngst veröffentlichte Video, in dem der Republikaner vulgär über sein Vorgehen bei Frauen plaudert, die Kluft zur weiblichen Wählerschaft nur vergrößert haben. Umfragen zeigten Clinton klar bei den Wählerinnen vorne - und Trump bei Männern. Während Trump keine erkennbare Agenda zur Frauenpolitik vertritt, hat Clinton in ihrer Kampagne immer wieder Themen wie Lohngerechtigkeit, Elternzeit und Abtreibung angesprochen.
  • Evangelikale Christen: Konservative Christen sind für die Republikaner seit Jahrzehnten eine der wichtigsten Wählergruppen und haben trotz Vorbehalten gegen Trump bei den Vorwahlen größtenteils zur Partei gehalten. Aber auch mit dieser Gruppe könnte es sich der 70-Jährige seit der Enthüllungen über seine Anzüglichkeiten verscherzt haben. Denkbar ist, dass ein Teil dieser Gruppe bei der Wahl einfach zu Hause bleibt, weil er bei keinem Kandidaten mehr genügend Übereinstimmung mit der eigenen Weltsicht sieht.
  • Gering gebildete, weiße Männer: Trumps Wahlslogan "Make America Great Again" richtet sich zu großem Teil an weiße Männer ohne höheren Schulabschluss - jene Gruppe, die besonders von den Jobverlusten im Produktionssektor betroffen ist. Sie ist für Trumps Appelle gegen Einwanderung oder internationale Handlungsabkommen empfänglich. Traditionell wählten die Gewerkschaften eher demokratisch. Aber die weiße Arbeiterschaft ist zunehmend nach rechts gerückt - oder gar nicht mehr wählen gegangen. Trump hofft, dass bisherige Nichtwähler für ihn stimmen werden, weil er eine radikal andere US-Politik verspricht. Das könnte ihm in früher stark industriell geprägten "Swing States" wie Ohio oder Pennsylvania nützen.
    (APA)

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