Ursula von der Leyen räumt mit dem Schrott-Gewehr auf

Symbolbild
Die Ministerin muss das Bundeswehr - Standardgewehr ersetzen: Bei Hitze streut es viel zu sehr.

Das Bundeswehr-Gewehr G36 galt anfangs als ein Vorzeigestück der deutschen Rüstungsindustrie: Als deren erstes Standardgewehr besteht es großteils aus leichtem Kunststoff, es sollte hohe Präzision mit kurzem Serienfeuer verbinden. Doch nachdem im ersten harten Einsatz in Afghanistan schwere Mängel auftraten, wurde es nochmals gründlich getestet. Mit schockierendem Ergebnis.

Bei hohen oder stark schwankenden Temperaturen treffen nach mehreren Feuerstößen nur mehr sieben Kugeln von 100 den 100 Meter entfernten 12-cm-Zielkreis. Gefordert wären aber mindestens 90. Die Ursache: Der Lauf verbiegt sich bei Hitze. Der Erzeuger Heckler & Koch bestreitet zwar diesen Baumangel und gibt falscher Bundeswehr-Munition die Schuld. Im Gefecht bedeutet das trotzdem die Gefährdung eigener Soldaten.

Gefährdet wollten SPD und Opposition auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sehen, die einzige potenzielle Nachfolgerin von Kanzlerin Merkel. Besonders pikant: Obwohl Koalitionspartner, legte die SPD der Opposition einen Untersuchungsausschuss nahe.

180 Millionen Euro

Denn dem Ministerium sei seit 2012 der Mangel bekannt, und trotzdem seien 178.000 "Schrott-Gewehre" um je 1000 Euro gekauft worden. Zumindest der damalige Verteidigungs- und jetzige Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) trage die Verantwortung, seine Nachfolgerin müsse nun handeln, forderte SPD-Verteidigungssprecher Rainer Arnold. Die Grünen nahmen die Idee der vom Merkel-Dauerhoch genervten kleinen Regierungspartei an und drohen mit einem Untersuchungsausschuss.

Der müsste aber vor allem den Haupt-Strukturmangel der Bundeswehr offenlegen: Ihr Beschaffungswesen wird von einem dem Ministerium nachgeordneten Amt gelenkt, das über die Republik verteilt 10.000 Beamte hat und ein hochgradiges Eigenleben führt.

Dass de Maiziere das so wenig wie seine Vorgänger in den Griff bekam, war der Hauptgrund für seine Rückversetzung in das Innenministerium durch Merkel gewesen. Auch sein Fast-Rücktritt kurz vor der Wahl war rüstungsbedingt: Das Drohnen-Desaster wurde wie fast jedes große Rüstungsprojekt zur Kostenexplosion. Auch weil Militärs und Industrie verfilzt sind, und zum Teil, weil die Vorgaben der Politik vage und wechselnd sind.

Dieses Pulverfass endlich zu entschärfen, ist von der Leyens Bewährungsprobe für noch höhere Aufgaben. Deshalb geht sie offensiver als alle Vorgänger mit den Mängeln um und weist ihren Vorgängern damit auch die Verantwortung zu. Vor Entscheidungen aber schreckte sie bisher zurück. Am Mittwoch versprach sie jedoch im Bundestags-Verteidigungsausschuss: "Dieses Gewehr, so wie es konstruiert ist, hat in der Bundeswehr keine Zukunft." Ein Ersatz ist noch völlig offen. Er dauert zehn Jahre.

Kommentare