SPD-Politiker nennt AfD-Mann Höcke "einen Nazi"

Die massive Kritik an den Aussagen Höckes zum Berliner Holocaust-Mahnmal reißt nicht ab. Selbst Parteichefin Petry hält ihn für eine "Belastung".

Die massive Kritik am Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke wegen dessen Äußerungen zum Holocaust-Gedenken der Deutschen und ihrer Vergangenheits-Aufarbeitung hält an. "Höcke ist ein Nazi", sagte der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann, der Neuen Osnabrücker Zeitung. Er sei entlarvt als "rechtsextremer, völkischer Demagoge, der weder ein historisches noch ein humanes Verständnis" habe.

Höcke hatte offensichtlich mit Blick auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin während einer Veranstaltung in Dresden gesagt: "Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat." Höcke wies später "bösartige und bewusst verleumdende Interpretationen" seiner Rede zurück. Er habe "den Holocaust, also den von Deutschen verübten Völkermord an den Juden, als Schande für unser Volk bezeichnet".

Der AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen erklärte auf Anfrage der Bild-Zeitung, es gebe "Anlass zu Tadel dieser Rede, nicht jedoch zu weitergehenden Maßnahmen". Höcke sei kein Antisemit, betonte der Vorsitzende der AfD-Fraktion in Baden-Württemberg.
Nach Meinung des Zentralrats der Juden in Deutschland hingegen hat die AfD "mit diesen antisemitischen und in höchstem Maße menschenfeindlichen Worten ihr wahres Gesicht" gezeigt.

"Schande mit Parteistatut"

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) forderte, "der Verfassungsschutz muss ein scharfes Auge auf die AfD insgesamt und auf einzelne Personen aus der AfD haben". Und: "Wenn die Voraussetzungen für eine Beobachtung vorliegen, muss schnell gehandelt werden", sagte Strobl der Rhein-Neckar-Zeitung. "Die AfD ist eine Schande mit Parteistatut."

Der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka forderte in der Rheinischen Post ebenfalls, es sollten nun zumindest jene Teile der AfD unter Beobachtung gestellt werden, die "offen völkisch-nationalistisches Gedankengut vertreten".

"Wer so oft provoziert wie Höcke, meint es auch so", sagte der Politikwissenschaftler Jürgen Falter denRuhr Nachrichten. "Er entpuppt sich immer mehr als echter Rechtsradikaler.

Außerdem verglich der AfD-Mann Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem ehemaligen DDR-Staatschef Erich Honecker. SPD und Grüne kritisierten Höcke scharf.

Der AfD-Politiker sagte in Dresden, bis jetzt sei der deutsche Gemütszustand der "eines brutal besiegten Volkes. Anstatt die nachwachsende Generation mit den großen Wohltätern, den bekannten, weltbewegenden Philosophen, den Musikern, den genialen Entdeckern und Erfindern in Berührung zu bringen, von denen wir ja so viele haben,...vielleicht mehr als jedes andere Volk auf dieser Welt..., und anstatt unsere Schüler in den Schulen mit dieser Geschichte in Berührung zu bringen, wird die Geschichte, die deutsche Geschichte, mies und lächerlich gemacht", sagte Höcke.

Petry: "Belastung für Partei"

Während AfD-Vize Alexander Gauland Höcke in Schutz nahm, äußerten andere AfD-Politiker deutliche Kritik. "Zum wiederholten Male drückt sich Björn Höcke sehr missverständlich aus, um es vorsichtig zu formulieren. Zum wiederholten Male rührt er dabei mit größter Ignoranz an einer 12-jährigen Geschichtsepoche, deren Revision wahrlich nicht die Aufgabe der AfD ist", sagte Nordrhein-Westfalens AfD-Vorsitzender Marcus Pretzell in der Bild-Zeitung. "Björn Höcke ist mit seinen Alleingängen und ständigen Querschüssen zu einer Belastung für die Partei geworden", erklärte AfD-Chefin Frauke Petry in der rechtsgerichteten Wochenzeitung Junge Freiheit. Die Partei müsse sich entscheiden, ob sie den Weg der Republikaner, einer rechten Kleinpartei, gehen wolle oder den erfolgreicherer Parteien wie der FPÖ. "Wir werden Realisten sein oder politisch irrelevant werden“, warnte Petry.

SPD-Politiker nennt AfD-Mann Höcke "einen Nazi"
Parteiinterner Gegenwind für Frauke Petry.
AfD-Bundesvorstandsmitglied Alice Weidel sagte: "Solche unsäglichen, rückwärtsgewandten Debatten sind überflüssig und kontraproduktiv. Herrn Höckes Alleingänge schaden der Akzeptanz der Partei bei den Bürgern."

Linke erstatten Anzeige

Höckes Auftritt löste parteiübergreifend Entrüstung aus. Die Fraktionschefs der Linken im Bundestag warfen Höcke Volksverhetzung vor. Sie würden deshalb gegen ihn Strafanzeige erstatten, kündigten Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch am Mittwoch an. Ihr Parteifreund Diether Dehm stellte bereits eine entsprechende Anzeige. In Thüringen wurde die Entlassung Höckes als Beamter gefordert. Er ist als Lehrer für Geschichte und Sport derzeit beurlaubt.

Der Zentralrat der Juden nannte Höckes Worte "zutiefst empörend und völlig inakzeptabel". Höcke trete das Andenken an die sechs Millionen Juden, die in der NS-Zeit ermordet wurden, mit Füßen. Mit seinen Worten relativiere der AfD-Politiker dieses schwerste und in dem Ausmaß einzigartige Menschheitsverbrechen, erklärte der Zentralratsvorsitzende Josef Schuster.

Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) zeigte sich entsetzt: "Björn Höcke verachtet das Deutschland, auf das ich stolz bin. Nie, niemals dürfen wir die Demagogie eines Björn Höcke unwidersprochen lassen", schrieb Gabriel in einer bei Facebook veröffentlichten Erklärung. SPD-Vize Ralf Stegner sprach auf dem Kurznachrichtendienst Twitter von einer "Hetz-Rede". "Björn Höcke spricht die Sprache der NSDAP", sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley der Deutschen Presse-Agentur.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber nannte Höckes Äußerungen eine "widerliche Entgleisung". Sie zeige "einmal mehr: die blaubraune Truppe ist keine Alternative für Deutschland", schrieb Tauber auf Twitter.

SPD-Politiker nennt AfD-Mann Höcke "einen Nazi"
Bjoern Hoecke (C), a leading member of German anti-immigration party AfD (Alternative fuer Deutschland), arrives for an event of his party's youth organisation "Junge Alternative" on January 17, 2017 in Dresden, eastern Germany. Hoecke sparked an outcry on January 18, 2017 over his criticism of the Holocaust memorial in Berlin and calls to stop focusing on the country's Nazi past. "Up to now, our state of mind is still one of a totally defeated people... We Germans, our people, are the only people in the world who have planted a monument of shame in the heart of the capital," Bjoern Hoecke told party faithful including youth members, according to a video of the speech circulated online. / AFP PHOTO / dpa / Johannes FILOUS / Germany OUT
Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter bezeichnete die Rede Höckes als "unsäglich". Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) nannte es bezeichnend, dass Höcke am Tag des NPD-Verbotsverfahrens versucht habe, die Achse des demokratischen Spektrums weiter nach rechts außen zu verschieben. Auch das politische Feld der AfD verschiebe sich dadurch deutlich nach rechts.

Höcke weilte auf Einladung der AfD-Jugend in Dresden. Die asyl- und ausländerfeindliche Pegida-Bewegung hatte Ordner gestellt. Vor dem Gebäude demonstrierten gut 200 Menschen gegen Höcke. In seiner Rede hatte er auch führende Politiker als "erbärmliche Apparatschiks" bezeichnet. Die Regierung Merkel sei"zu einem Regime mutiert."

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