Gabriels Triumph: SPD-Basis klar für Koalition

Die Basis hat "Ja" gesagt: 76 Prozent der SPD- Mitglieder haben für den Gang der Sozialdemokraten in die zweite Große Koalition mit CDU-Chefin Angela Merkel gestimmt: Die „GroKo“ kann starten.

Zuletzt ging es dann doch schneller als erwartet: Am Samstag gegen 15 Uhr wurde die Auszählung mit einer kleinen Jubelshow der vollständig im Auszählungssaal versammelten SPD-Parteispitze beendet. Die Mitgliederbefragung ergab ein überraschend deutliches Ergebnis: Von den 475.000 SPD-Mitgliedern hatten 370.000, fast 78 Prozent, daran teilgenommen. Von deren gültigen Stimmen entfielen 75,96 Prozent auf das „Ja“.

Das ist ein großer Erfolg für Parteichef Sigmar Gabriel, der nach der schweren Wahlniederlage der SPD die Mitgliederbefragung als Ausgleich zur schwachen Verhandlungsposition für die Große Koalition („GroKO“) durchgesetzt hatte. Die Parteispitze hatte daraufhin drei Wochen lang bei der Basis für die Koalition geworben. Denn diese war anfangs skeptisch gewesen: Die Mitglieder mit dem Durchschnittsalter von 59 Jahren konnten sich auch in den 32 Partei-Veranstaltungen nur schwer mit den Kompromissen des zuvor mit der Union ausgehandelten Koalitionsvertrages anfreunden. Umso größer war die Überraschung über die hohe Zustimmung.

Kleine Siegesfeier

Damit geht Gabriel nun deutlich gestärkt in die Koalition mit Kanzlerin Angela Merkel. Und er ist jetzt unbestritten die Nummer eins der SPD auch für die Zeit nach dieser Koalition – wann immer sie endet, was auch gut vor 2017, dem regulären Ende der Legislaturperiode sein könnte.

„In den 35 Jahren, wo ich für die SPD arbeite, habe ich sie noch nie so engagiert erlebt“, freute sich Gabriel in seiner Rede vor der Verkündung des Ergebnisses durch SPD-Organisationschefin Barbara Hendricks. Dauerapplaus und Jubel der 400 SPD-Helfer, die seit der Früh die Stimmen ausgezählt hatten, funktionierten Gabriels Rede zu einer Siegesfeier um, für die die Partei am Wahlabend keinen Anlass gehabt hatte. „Wir sind nicht nur die älteste , sondern auch die modernste Partei in Deutschland“, behauptete Gabriel, „wir sind die Beteiligungspartei, mit der wir einen neuen Standard gesetzt haben.“

Die Mitgliederbefragung war tatsächlich die erste einer großen Partei. Die Koalitionspartner CDU und CSU hatten die fast hundertprozentige Zustimmung ihrer Funktionäre zum Koalitionsvertrag auf Parteitagen organisiert. Die SPD sorgte damit aber auch dafür, dass heuer die Dauer der Regierungsbildung vom Wahltag bis zur Angelobung im Bundestag länger war als je zuvor in der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Gabriel lobte in der Rede auch seine eigene Entscheidung, die Kabinettsliste der SPD erst jetzt, nach der Befragung, bekannt zu geben. Er hatte damit vielfache Vorwürfe an der Basis entkräften wollen, dass es den SPD-Spitzenfunktionären mit dem Eintritt in die Koalition nur um ihre eigenen Posten und nicht um das Programm ginge.

Ministerriege

Am Freitag Abend hatte Gabriel die mit Kanzlerin Merkel am Donnerstag vereinbarte Ministerliste der Presse zuspielen lassen. Neben ihm selbst als Vizekanzler und „Super-Wirtschaftsminister“ mit Alleinzuständigkeit für die „Energiewende“ gibt es unter den fünf SPD-Ministern nur zwei Überraschungen: Der saarländische SPD-Chef Heiko Maas, mit 40 der Jüngste, übernimmt das Justizressort. Und Hendricks wird Umweltministerin. Sie gilt als Quotenfrau der mitgliederstärksten Landes-SPD Nordrhein-Westfalen.

Gabriels Triumph: SPD-Basis klar für Koalition
epa03978025 Acting German Federal Finance Minister Wolfgang Schaeuble (CDU) speaks during a press conference after the meeting of the stability council in Berlin, Germany, 05 December 2013. EPA/WOLFGANG KUMM
Überraschend war am Samstag auch, dass im Gegensatz zur SPD die Union ihre Ministerliste noch nicht durchsickern ließ, weshalb die Medien weiter spekulieren konnten. Nur Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) galt als fix.
Gabriels Triumph: SPD-Basis klar für Koalition
epa03703194 SPD treasurer Barbara Hendricks (L) and chairman of the German Social Democratic Party SPD Sigmar Gabriel (R) hold the special edition 'Vorwaerts' on the occasion of the party's 150th anniversary in Berlin, Germany, 16 May 2013. On 22 and 23 May the SPD party will celebrate its 150th anniversary in Leipzig. EPA/KAY NIETFELD
Am überraschendsten dabei war die wahrscheinliche Entscheidung von Ronald Pofalla, des bisherigen Kanzleramtsministers und engsten Vertrauten Merkels in der alten Regierung, sich aus der Politik zurückzuziehen. Er galt bisher als nicht amtsmüde sondern als Anwärter auf einen anderen Ministerposten. Die Kanzlerin habe ihn mehrfach vergeblich versucht zu halten, glaubten manche Medien.
Gabriels Triumph: SPD-Basis klar für Koalition
Die amtierende Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) spricht am 11.11.2013 in Berlin auf dem Gewerkschaftstag der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Getagt wird noch bis zum 14.11.2013. Foto: Britta Pedersen/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Pofallas Job soll nun der bisherige Umweltminister Peter Altmaier (CDU) machen, dessen Ministerium durch die Verlagerung der Kompetenzen für die Energiewende zu Gabriel geschwächt wird.

Über die Aufgabengebiete der CDU-Minister Thomas de Maiziere und Ursula von der Leyen herrschte weiter Unklarheit: Sie wurden abwechselnd für das Verteidigungs- und Innenministerium genannt. Auch über die drei der CSU zustehenden Ministerposten herrschte am Samstag Abend noch Rätselraten. Und auch, warum die Union dieses so lange zuließ.

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