Sorge in Berlin um Euro-Stabilitätspakt

Die Achse Paris–Rom (Hollande und Renzi) macht Berlin besorgt.
Dauer-Aufschub: Deutschland fürchtet Dammbruch durch neue Achse Paris/Rom.

Beim Antrittsbesuch des neuen französischen Finanzministers Michel Sapin in Berlin gab es fast nur ein Thema: Gibt die sozialistische Regierung Präsident Hollandes die Sanierung des dauerdefizitären Staatshaushalts auf? Sapin und andere Kabinettsmitglieder hatten das nach ihrer Ernennung letzte Woche so konkret angedeutet, dass nicht nur in Berlin Alarmglocken schrillten. Zumindest in Regierungskreisen und Wirtschaftspresse. Die vermuten eine Achse Paris/Rom gegen den Reformdruck aus Berlin.

Denn Italiens neuer Regierungschef Matteo Renzi hatte das zeitgleich auch für sein hochverschuldetes Land angekündigt. Sein Finanzminister Pier Carlo Padoan bestritt zwar eine "Achse", nicht aber die Absicht, die Maastricht-Kriterien noch länger zu missachten: Italien fordere mehr Zeit zum Abbau seines Schuldenbergs. Der beträgt inzwischen 133 statt der zulässigen 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Nur mit immer neuen Schulden hält Italien die drei Prozent Haushaltsdefizit ein.

Frankreich hat zwar "nur" 94 Prozent Schulden vom BIP, dafür aber ein stabiles Defizit von über vier Prozent – und deshalb ein Defizitverfahren der EU am Hals.

"Da muss ich die Augen verdrehen", sagte in Berlin Norbert Barthle, CDU-Haushaltssprecher: "Brüssel hat Frankreich schon zwei Mal die Fristen für die Haushaltssanierung gestreckt." CSU-Vizechef Peter Gauweiler mahnte, der Euro sei "nur bei Einhaltung der Mindestkriterien für Stabilität zu halten".

"Gravierend"

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann nannte die Ankündigung aus Paris "gravierend, auch wegen dessen Vorbildfunktion". EU-Währungskommissar Olli Rehn habe Paris zu Recht gerügt, die Bundesregierung müsse ihn dabei mehr unterstützen.

Die FAZ sah in der "Achse Paris/Rom den Sargnagel für den gehärteten Stabilitätspakt", der Merkels Waffe gegen die Staatsschuldenkrise sein sollte: Die zwei größten Euroländer nach Deutschland schöben Reformen weiter auf – und die Kosten dafür den Steuerzahlern der Länder zu, die hohe Steuern gewohnt sind. Es drohe ein "Dammbruch" beim Euro-Stabilitätspakt wie 2004.

Offiziell gibt sich Berlin bei Freund Frankreich immer gelassen. Zwar wollte Sapin vor der Presse nicht von der "neuen Balance zwischen Defizitabbau und Wachstum" abrücken, die Regierungschef Manuel Valls heute, Dienstag, in Paris erklären will. Doch dem widersprach der CDU-Finanzminister Schäuble nur höflich: Die Kriterien seien "keine Alternativen sondern zwei Seiten einer Medaille".

Inoffiziell wartet nun nicht nur Berlin auf Kanzlerin Merkels größtes Talent: Schaden subtil zu begrenzen.

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