Deutschland stimmt für Griechen-Hilfe

Deutschland stimmt für Griechen-Hilfe
Trotz Unmuts der Bevölkerung hat Berlin die neuen Kredite abgesegnet - mit großer Zustimmung.

Knapp 240 Milliarden Euro sind seit 2010 nach Griechenland geflossen, etwa 55 Milliarden davon entfallen auf Deutschland – jetzt werden es noch mehr: Heute hat der Bundestag der Verlängerung des Hilfsprogramms für Athen zugestimmt. Trotz Unmuts in konservativen Reihen hat sich eine breite Mehrheit dafür gefunden: Dem Antrag stimmten am Freitag in Berlin 542 Abgeordnete zu, 32 votierten mit Nein, 13 Parlamentarier enthielten sich. Das ist die größte Mehrheit, die im Bundestag je für eine Maßnahme zur Bewältigung der Euro-Schuldenkrise zustande kam.

In der Bevölkerung hält sich die Solidarität jedoch in Grenzen. 43 Prozent gaben in einer repräsentativen Umfrage von Emnid für den Sender N24 an, sie würden Athen schon jetzt keine Hilfen mehr gewähren. Auch die Reformzusagen sieht man skeptisch. In dem am Freitag veröffentlichten ZDF-Politbarometer bezweifeln 71 Prozent, dass Griechenland die angekündigten Sparmaßnahmen umsetzen wird. Nur rund ein Viertel erwartet, dass es dazu kommen wird.

Soldaritäts-Erinnerung

Die Politik jedoch hat diesen Schritt forciert, aller Streiterei mit der neuen griechischen Regierung zum Trotz: Denn Griechenland braucht das neue Geld nämlich nicht etwa für soziale Maßnahmen, sondern vor allem um seine bisherigen Schulden zurückzuzahlen und die dadurch entstandenen Zinsen zu begleichen.

Finanzminister Wolfgang Schäuble hat die neue griechische Regierung an ihre Verantwortung für ganz Europa erinnert. "Solidarität heißt nicht, dass man einander erpressen kann", sagte Schäuble zum Auftakt der Debatte heute, Freitag. Es sei "sehr viel Vertrauen von Griechenland zerstört worden". Dies mache die Zustimmung zu der Verlängerung des Programms nicht einfacher. Zugleich warb er für eine Fristverlängerung um vier Monate: "Wir Deutschen sollten alles dafür tun, dass wir Europa zusammenhalten, soweit wir es können, und zusammenführen", appellierte der CDU-Politiker.

Bauchgrimmen bei CDU/CSU

Neben Union und SPD haben auch Linke und Grünefür die Verlängerung gestimmt. Kritische Töne kamen aber von konservativer Seite. Vor allem in den Reihen von CDU und CSU mehrten sich die Stimmen gegen eine nochmalige Verlängerung des Hilfspakets bis Ende Juni. "Viele Abgeordnete stimmen nur mit großem Bauchgrimmen zu. Zu weiterem Entgegenkommen sind sie nicht bereit", sagte der Vorsitzende des Europaausschusses, Gunther Krichbaum. Auch die Bild-Zeitung rief trotzig dazu auf, das Geld nicht freizugeben – mit polemischsten Mitteln (mehr dazu hier).

Schuldenschnitt-Frage

Andere Medien in Deutschland pochten auf eine andere Gangart – der Spiegel etwa führt ins Treffen, dass ein Schuldenschnitt die bessere Wahl sei. Dies hat auch Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis am Mittwoch erneut ins Gespräch gebracht, obwohl Athen erst vergangene Woche den Euro-Partnern zugesagt hatte, die Forderungen aller Gläubiger zu bedienen. Dafür erntete er sogleich Kritik: "Ein Finanzminister, der wenige Tage, nachdem er mit 18 seiner Kollegen eine Einigung erzielt hat, diese wieder in Frage stellt oder neue Forderungen ins Spiel bringt, schafft kein Vertrauen", sagte er EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. "Im Gegenteil: Er verspielt es."

Die Linke, die wegen der strikten Sparauflagen bisher immer gegen die Griechenland-Hilfen war, wird im Bundestag wohl erstmals mehrheitlich dafür stimmen. Endgültig will sich die größte Oppositionsfraktion aber erst in einer Sondersitzung kurz vor der Abstimmung entscheiden. Der frühere Finanzminister und Linke-Chef Oskar Lafontaine warnte seine Partei vor einer Zustimmung und plädierte für Stimmenthaltung. Damit würde man eine Politik unterstützen, bei der 60 Milliarden Euro deutscher Steuergelder sinnlos in den Sand gesetzt worden seien.

Niederlande und Estland dafür

Das niederländische Parlament stimmte am Donnerstag mit breiter Mehrheit für eine Verlängerung. In Estland gab die Regierung grünes Licht, nun muss am Freitag noch der Parlamentsausschuss für EU-Angelegenheiten den Weg für die Hilfen frei machen. Wann das griechische Parlament darüber abstimmen soll, ist bisher unklar.

Ausschreitungen in Athen

In Athen hat sich der Unmut über die neuen Vereinbarungen auf der Straße entladen: Rund 200 Vermummte haben am Donnerstagabend Schaufenster eingeschlagen, Autos zerstört und Müllcontainer angezündet. Zu den Ausschreitungen kam es nach einer zunächst friedlich verlaufenen Demonstration der außerparlamentarischen Linken gegen die von der griechischen Links-Rechts-Regierung unterzeichnete Verlängerung des Sparprogramms.

Es war die erste Demonstration Autonomer nach dem Wahlsieg der Linkspartei Syriza unter dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras.

Kommentare