Wie Trump als "Charmebolzen" scheitert
Es ist eine scheinbar unverfängliche Szene: US-Präsident Donald Trump und Ehefrau Melania besuchen gemeinsam mit dem Präsidentenpaar Macron den Invalidendom in Paris, der Ort für die großen Staatsakte. Die Paare lächeln für die Fotografen, schütteln sich die Hände. Wie es bei Staatsbesuchen üblich ist. Was dann folgte ist alles andere als üblich: Trump wendet sich Frankreichs First Lady Brigitte Macron zu und sagt: "You’re in such good shape" ("Sie sind so gut in Form"). Dazu macht er eine Geste, die Hüften andeutet, und wendet sich seinem Amtkollegen Macron zu, um ihm – quasi unter Männern – noch einmal zu sagen: "Schön ist das".
Mehr hat es nicht gebraucht, im Netz entbrannte eine Diskussion, ob Trumps Worte nun nett gemeint oder schamlos sexistisch waren – und er Brigitte Macron damit zum Objekt degradierte.
Noch in seiner Zeit als New Yorker Baumeister machte Trump keinen Hehl aus seinem Frauenbild und erklärte 1992 in einem Interview: "Frauen, man muss sie wie Scheiße behandeln." Dieser Satz flog ihm während des Wahlkampfs um die Ohren, ebenso ein Video in dem er damit prahlte, wie er es schafft, Frauen nahe zu kommen – auch wenn diese es nicht wollen. "Ich fange einfach an, sie zu küssen ... Ich warte nicht einmal." Selbst seine eigene Tochter würde er daten, wenn er nicht ihr Vater wäre, verriet er in einem Interview. Vor wenigen Wochen flirtete er vor laufender Kamera eine irische Korrespondentin an, während er mit dem irischen Premier Leo Varadkar telefonierte: "Sie hat ein hübsches Lächeln im Gesicht, ich wette, sie behandelt Sie gut."
Unangemessener Ton
Dass Trump in einer derart mächtigen Position solchen Umgangston pflegt, ist unangemessen, sagt Knigge. "Er muss seiner Vorbildrolle gerecht werden. In der Welt haben sich vernünftige Menschen auf einen diplomatischen Umgangston geeignet, jede Regierung hat Fachleute und ein vernünftiger Staatsmann würde sich mit ihnen beraten und fragen, was ist angemessen und was nicht. Ich schätze aber, dass er völlig beratungsresistent ist." Ein Phänomen, das er auch bei einigen Wirtschaftstreibenden beobachtet: "Sie heben ab, weil sie denken, alles im Leben richtig zu machen und sich nicht mit ihrem Selbst- und Fremdbild beschäftigen."
Trump und der Händedruck – hier treibt der US-Präsident gezielt Spielchen, sagt der Benimm-Experte. Manchen gab er gar nicht die Hand. "So nach dem Motto: Ich bin mächtiger als du, daher kein Handschlag. Ich finde es schade, wenn mit einer Urform der Höflichkeit derart gespielt wird." Einen Tipp hätte Knigge noch: "Präsident Trump sollte künftig auf Komplimente verzichten, die auslegbar sind. Wenn er gesagt hätte: Ich finde, ihr Kleid ist toll, wäre doch alles in bester Ordnung gewesen."
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