FDP

War Brüderle zu spitz?

FDP: Nach dem Achtungserfolg der FDP bei der Landtagswahl in Niedersachsen schicken die Liberalen Rainer Brüderle als Spitzenkandidaten ins Rennen. Sein Widersacher Philipp Rösler bleibt Parteichef.
Der FDP-Fraktionschef soll sich an eine Reporterin herangemacht haben. Parteikollegen rücken nun zu seiner Verteidigung aus.

Kaum ist er aufgegangen, ist der Stern des neuen Spitzenkandidaten der FDP schon wieder am Sinken. Zumindest, wenn es nach einem Artikel im Stern geht. Denn dort wirft eine 29-jährige Mitarbeiterin Rainer Brüderle vor, nicht die nötige Distanz gewahrt und sie mit unangemessenen Bemerkungen bedrängt zu haben.

Es war in einer Hotelbar, am Vorabend des Dreikönigstreffens der FDP im Vorjahr. „Sie können ein Dirndl auch ausfüllen“, soll der Vorsitzende der Bundestagsfraktion mit eindeutigem Blick auf Laura Himmelreichs Busen gesagt haben. Eine schlüpfrige Aussage hier, ein Handkuss da. Der 67-Jährige soll sie zum Tanz aufgefordert haben. Sie wollte Abstand: „Herr Brüderle, Sie sind Politiker, ich bin Journalistin.“ Seine Antwort nur: „Politiker verfallen doch alle Journalistinnen.“ „Der spitze Kandidat“ kommentiert stern.de. Der Ärger kommt den Liberalen nicht gerade recht. Ausgerechnet jetzt, da man in Niedersachsen einen Überraschungserfolg erzielen konnte und Brüderle als neuen Spitzenkandidaten kürte. Schnell kam der Dämpfer.

Aber zumindest dürfte der Spitzenpolitiker von sich überzeugt sein: Als die Reporterin am Ende des Abends Brüderle fragte, warum er plötzlich so beliebt geworden sei, sagte der nur: „Weil ich der Beste bin.“

FDP-Politiker: "Bericht unprofessionell und abwegig"

Am Donnerstag rückten einige Parteifreunde Brüderles aus, um den FDP-Fraktionschef in Schutz zu nehmen. Er halte es für "unprofessionell" und "abwegig", dass eine junge Journalistin, die sich vor über einem Jahr belästigt gefühlt habe, nunmehr "diese Belästigung auskramt", sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Rainer Stinner am Donnerstag im Deutschlandfunk. Die Veröffentlichung komme zu dem Zeitpunkt, wo Brüderle als Spitzenkandidat zur Bundestagswahl "eine neue herausragende Position" eingenommen habe.

Ohnehin sei der Stern das den Text veröffentlicht hatte, dem FDP-Fraktionschef "deutlich nicht gewogen", sagte Stinner. "Das ist so durchsichtig und das ist so primitiv, dass ich sage, das fällt eher auf den Journalismus des 'Stern' zurück als auf Herrn Brüderle."

Auch der ehemalige FDP-Chef, Außenminister Guido Westerwelle, äußerte sich zu dem Bericht: "Diese Art der Berichterstattung ein Jahr nach einem angeblichen Vorfall ist zutiefst unfair", sagte Westerwelle. Zudem sei es "unmöglich", Brüderles Ehefrau Angelika in die Berichterstattung hineinzuziehen.

Der Stern-Beitrag stieß auch bei anderen FDP-Politikern auf Kritik. "Es ist schade, auf welches Niveau der 'Stern' mittlerweile gesunken ist", sagte der FDP-Fraktionschef in Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, zu Spiegel Online. "Ich wundere mich, dass die junge Journalistin offensichtlich über ein Jahr gebraucht hat, um ihr Erlebnis zu verarbeiten."

Auch die Reporterin meldete sich in der Zwischenzeit zu Wort. Auf ihrem Twitter-Profil erklärte Himmelreich, warum sie die Story erst jetzt veröffentlicht hat: "Weil es relevant ist, wenn das 'neue Gesicht' der FDP veraltete Klischees lebt". Sie habe Brüderle aber nicht anprangern wollen.

Kommentare