Das Party-Girl der Generäle

Viele Fäden laufen bei der 37-jährigen Jill Kelley zusammen.

Eine 500 Quadratmeter große Villa im viktorianischen Stil mit atemberaubendem Blick auf den Golf von Mexiko, ein flotter Mercedes 500 S in der Garage und heiße Feste im Garten. Die Kelleys stehen auf Luxus, Glanz und Glamour. In Tampa, Florida, wo sie zur High Society gehören und oft im Yacht- und Country Club verkehrten, sind sie als Party-Tiger bekannt. Im Rest Amerikas jetzt als Schlüsselfiguren im Sex-Skandal um zwei Top-Generäle. Vor allem bei Jill Kelley laufen viele Fäden zusammen.

Als geheimnisvolle Schöne wird die 37-Jährige beschrieben. Stets elegant gekleidet, organisierte die Mutter dreier Kinder Spendengalas und Fashionshows rund um die MacDill Air Force Base. Dort ist das US-Central Command stationiert, das unter anderem die Einsätze im Irak und in Afghanistan steuert. Dort lernte sie den späteren CIA-Chef David Petraeus kennen, der jetzt über eine Sex-Affäre mit seiner Biografin Paula Broadwell stolperte. Und sie knüpfte auch Kontakte zum derzeitigen Kommandeur der internationalen Afghanistan-Schutztruppe, John Allen, der in dieser Funktion Petraeus beerbt hatte. John Allen soll Jill Kelley später, ab 2010, mit Tausenden eindeutigen eMails förmlich überschwemmt haben.

Die Frau mit dem pechschwarzen Haar, die mit dem bekannten Chirurgen Scott Kelley verheiratet ist, hatte sich bei den Soldaten in Tampa derart beliebt gemacht, dass sie zur „Ehrenbotschafterin“ ernannt wurde. Bei den Partys in der Kelley-Villa gingen Top-Offiziere ein und aus. Vor zwei Jahren soll David Petraeus mit einer Eskorte von 28 Motorrädern vor dem mondänen Anwesen vorgefahren sein.

Dinner bei Petraeus

Umgekehrt luden der mittlerweile pensionierte Vier-Sterne-General und seine Ehefrau Holly die Kelleys im vergangenen Jahr zum Christmas-Dinner ein. Mit von der Partie war auch Jills Zwillingsschwester, Natalie Khawam. Auch sie dürfte sowohl David Petraeus als auch John Allen schwer beeindruckt haben. Laut dem TV-Sender ABC warfen sich gleich beide Offiziere in einem Sorgerechtsverfahren für Natalie in die Schlacht; sie schrieben Briefe an das zuständige Gericht.

Einigen Bewohnern Tampas und dort stationierten Soldaten kam die all zu enge Beziehung der Kelleys zu den Militärs merkwürdig vor. „Ich wusste gar nicht, dass Generäle Groupies haben“, ätzt der Insider Jacey Eckhart auf der Internetseite military.com .

Deals in Strip-Bars

Faktum ist, dass der jeweilige Chef des Central Command in der Stadt eine herausragende Rolle spielt. „Seine Stellung ist vergleichbar mit dem C.E.O von Chrysler in Detroit. Er ist mächtiger als der Bürgermeister“, sagte Roger Maddox, ein pensionierter Offizier, zur New York Times. Und das nicht von ungefähr: Laut Berechnungen der lokalen Wirtschaftskammer fließen über die MacDill Air Force Base 6,7 Milliarden Dollar pro Jahr in die Region. In den zahlreichen Strip-Bars und Steakhäusern werden millionenschwere Deals geschlossen.

Der Oberbefehlshaber in Tampa also eine Art Celebrity, und die Kaserne ein Geldesel – das war für Jill Kelley bis zuletzt offenbar unwiderstehlich. Noch am vergangenen Sonntag, als CIA-Direktor Petraeus seinen Job bereits los war, schmiss sie eine rauschende Party. An dieser nahm auch der stellvertretende Leiter des Central Command, Vize-Admiral Robert Harward, teil.

Zickenkrieg

Jetzt ist die attraktive Frau, deren Eltern aus dem Libanon in die USA ausgewandert waren, untergetaucht. Und sie hat Judy Smith als PR-Beraterin verpflichtet – diese hatte sich einst schon um Monica Lewinsky gekümmert, die mit Ex-Präsident Bill Clinton eine Liaison hatte.
Letztlich hat sich Jill Kelley selbst in diese missliche Lage gebracht. Sie war es, die das FBI einschaltete, weil sie sich von eMails „bedroht“ gefühlt hatte. Die Absenderin der Botschaften: Paula Broadwell, die Ex-Geliebte von Petraeus. Diese sah in Jill Kelley eine gefährliche Nebenbuhlerin und formulierte das ganz klar: „Hände weg von meinem Typen!“ Der Zickenkrieg brachte die Ermittler auf die verhängnisvolle Affäre des Generals mit seiner Biografin. Deren Vater kündigte im Gespräch mit der New Yorker Daily News an: „Bei dieser Geschichte wird noch eine ganze Menge herauskommen.“

Es ist beinahe das gesamte S­icherheitsteam, das Barack Obama mit der Krise um David Petraeus und John Allen und deren Affären wegbricht. Die Skandale kommen dem frisch im Amt bestätigten US-Präsidenten äußerst ungelegen. Muss er doch eine ganze Reihe an Posten in seinem Umfeld und in der Regierung neu besetzen. Und gerade der Wirbel um Allen bedeutet für die NATO und deren Strategie in Afghanistan möglicherweise einen tiefen Einschnitt. Sollte der General doch das NATO-Oberkommando in Europa übernehmen.

Vakant sind jetzt die Posten des US-Außenministers, des Verteidigungsministers, der CIA-Führung. Am Mittwoch wollte sich der US-Präsident vor der Presse äußern. Erwartet wurde, dass er zu den Affären und Baustellen in seinem Kabinett Stellung nehmen würde.

Damit nicht genug, spielt in der gesamten Personalrochade um Obama ein schmerzhaftes Thema mit hinein: Demnächst hätte Petraeus in seiner Funktion als CIA-Chef vor einem Senatsausschuss über die tödlichen Angriffe auf die US-Botschaft in Bengasi in Libyen aussagen sollen. Die CIA war in Zusammenhang mit dem Angriff massiv in die Kritik geraten. Sie hatte erst sehr spät von einem Terroranschlag gesprochen und bis heute ist nicht klar, wer was wusste über den Angriff, bei dem vier US-D­iplomaten, darunter der US-Botschafter in Libyen, starben. Petraeus ist dabei eine Schlüsselperson.
Unklar ist jetzt, ob und in welchem Rahmen eine Anhörung vor dem Senat stattfinden könnte – eine Unklarheit, die den Republikanern eine willkommene Angriffsfläche bietet. In der ganzen Geschichte um Bengasi gerät nun auch die US-Botschafterin bei der UNO nach widersprüchlichen Aussagen immer mehr in die Kritik. Und Susan Rice ist als zukünftige Außenministerin Obamas im Gespräch.

Währenddessen suhlen sich die Republikaner nach der verlorenen Präsidentenwahl in den Affären. Im Mittelpuinkt stehen die Fragen, die der Republikaner Jason Chaffetz formulierte: „Wer sind diese Frauen? Haben sie Verbindungen zu anderen Staaten? Was ist ihr Hintergrund?“ Und nicht nur in der Wolle gefärbte republikanische Kommentatoren schimpfen o­ffen über mangelnde Kompetenz an der Spitze der US-Armee.

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