Das Nachrichtenloch Aleppo

Für Hunderttausende follower die wichtigste Quelle aus Aleppo: Die Twitter-Botschaften der siebenjährigen Bana
Zwischen Kriegspropaganda und Nachrichten: Es bleibt schwierig, die wahre Lage an den Fronten zu erfassen.

Sie ist in Sicherheit – zumindest auf Twitter. Bilder auf dem sozialen Netzwerk zeigen Bana außerhalb von Aleppo. Über Wochen war die Welt über Twitter den – offensichtlich von ihrer Mutter verfassten – Mitteilungen des siebenjährigen Mädchens gefolgt. Ihre Kurznachrichten waren eine der wichtigsten Nachrichtenquellen aus der umkämpften Stadt.

Wirklich verlässliche Berichte aus Aleppo waren und sind für den KURIER wie für die meisten internationalen Medien schwer zu bekommen. Telefonische und E-Mail-Kontakte mit Aktivisten, wie etwa der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, waren einige der wenigen Informationsquellen. Einer der wenigen Reporter, die direkt vor Ort waren, ist Bilal Abdul Kareem, der für den arabischen Nachrichtenkanal Al Jazeera berichtet. Manche aber zweifeln an der Objektivität des in New York geborenen und dann zum Islam konvertierten Afro-Amerikaners. Der tiefgläubige Moslem soll ein enges Verhältnis zu mehreren der über Monate in der Stadt verschanzten islamistischen Rebellengruppen haben.

UN greift ein

Endlich mehr Klarheit in die Situation könnte nun das Eingreifen der UNO bringen. Der Sicherheitsrat hat am Montag beschlossen, UN-Beobachter nach Aleppo zu entsenden. Details der Mission sind vorerst nicht bekannt. In der Resolution – es ist ein mühsam ausgehandelter Kompromiss mit Russland – wird die UN-Führung vom Sicherheitsrat aufgefordert, die Sicherheit für humanitäre Hilfe und für die Entsendung von UN-Beobachtern zu garantieren.

Die Evakuierung der Stadt scheint endgültig nach Plan zu laufen. 15.000 Menschen sollen laut Rotem Kreuz inzwischen Aleppo verlassen haben. Laut syrischer Regierung sollten "die letzten Terroristen" noch am Montag abziehen. Die Grenze zwischen Nachrichten und Kriegspropaganda ist auch hier schwer zu ziehen. Berichte über Gräueltaten schiitischer Milizen aus dem Iran, die an der Seite des Assad-Regimes kämpften, tauchen vermehrt auf. In russischen Medien dagegen werden die einmarschierenden Truppen nicht als Mörderbanden, sondern als Helfer gezeigt.

Gipfel in Moskau

Das Gesetz des Handelns aber bestimmen derzeit auf jeden Fall Russland und das vom ihm dirigierte Assad-Regime. Man hat es merklich eilig, die nächsten Schritte zu setzen. Schon heute, Dienstag, hat der russische Außenminister Sergej Lawrow seine Amtskollegen aus dem Iran und aus der Türkei zu Gesprächen über die Zukunft Syriens geladen, auch die Verteidigungsminister sind dabei. Lawrow lässt keinen Zweifel daran, wer jetzt im Bürgerkriegsland das Sagen hat: Man habe Länder geladen, die "realen Einfluss" auf die Lage hätten.

Kommentare