"Das ist unsere Schlacht um Warschau"

Polens nationalistische Regierung möchte liberale Polit-Gegnerin und Bürgermeisterin nach Immo-Affäre stürzen.

Warschau gilt als Bastion, die noch von der liberal-konservativen "Bürgerplattform" (PO) gehalten wird, was die polnische Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) stört. Doch nun steht die Stadtpräsidentin und Vize-Chefin der PO, Hanna Gronkiewicz-Waltz, durch eine Reprivatisierungsaffäre von Grundstücken vor dem Sturz. Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo hat sie zum Rücktritt aufgefordert, doch die 63-Jährige lehnt dies ab.

Warschau, vor allem das Zentrum, ist mit vielen Eigentumsforderungen belastet – nach dem Krieg wurde das durch Bomben und Sprengungen der deutschen Besatzer zerstörte Terrain von den kommunistischen Machthabern verstaatlicht. Seit der Wende 1989 hat man bisher keine Lösung gefunden, mit den Eigentumsforderungen der Ex-Besitzer und deren Nachkommen umzugehen.

Freunderlwirtschaft

So müssen Tausende Anträge einzeln bearbeitet werden, nicht immer ging es dabei sauber zu. Nun kolportierte die liberale Zeitung Gazeta Wyborcza, dass es Reprivatiserungsabkommen bei 50 Grundstücken zwischen einem Rechtsanwalt und einem Mitarbeiter der Stadt gegeben habe, dieser Mitarbeiter sei kürzlich in das Büro des Anwalts gewechselt. Nach Recherchen von TVN24 ist auch die Ehefrau des Rechtsanwalts zuvor in der Stadtverwaltung tätig gewesen.

Besonders heikel ist die Vergabe eines Grundstücks nahe des riesigen Kulturpalasts an einen dänischen Staatsbürger und Erben. Aufgrund seiner zentralen Lage wird die Fläche auf 160 Millionen Zloty (rund 37.000 Euro) taxiert. Die Transaktion gilt jedoch als illegal, da Dänemark von der Volksrepublik Polen in den 1950er-Jahren mit einer generellen Entschädigung bedacht wurde, die weitere Forderungen ausschließt.

Gronkiewicz-Waltz feuerte bisher drei städtische Mitarbeiter, welche sie in der Sache verstrickt sah. Diese sehen sich als Bauernopfer und wollen nun klagen. Auch andere Oppositionsparteien glauben der ehemaligen Leiterin der Notenbank nicht, dass ihr die sich über Jahre hinziehende Privatisierungspraxis entgangen sein könnte.

Mordfall wird neu aufgerollt

Belastend für die Bürgermeisterin gilt die brutale Vorgangsweise bei der Neugestaltung der Stadt: Wenn beispielsweise das Grundstück bebaut ist, wird es zumeist von dem neuen Eigentümer renoviert, die Bewohner aus den vormals städtischen Wohnungen werden aber davor vertrieben. Eine Mieterin, die sich dieser Praxis widersetzte, wurde 2011 ermordet, der Fall wird nun neu aufgerollt.

Noch erfährt die "Eiserne Lady", wie die kirchenverbundene und marktgläubige Politikerin genannt wird, den Rückhalt ihrer Partei. Denn ließe diese sie fallen, könnte die PiS landesweit versuchen, ungeliebte politische Gegner loszuwerden. "Das ist unsere Schlacht um Warschau, mit der wir die Kommunen vor den Bolschewiken der PiS verteidigen", gab sich PO-Fraktionschef Slawomir Neumann kämpferisch.

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