Daesh, IS, ISIS, ISIL: Die vielen Namen des Terrors
Nachdem bekannt wurde, dass die Terrorattacken in Paris auf das Konto der Dschihadisten vom "Islamischen Staat (IS)" gehen, fiel auf, dass Frankreichs Präsident Francois Hollande für die Terrormiliz den Namen "Daesh" verwendete. Er und sein Außenminister Laurent Fabius tun dies schon seit Längerem. Es rückte nur jetzt, durch die große Aufmerksamkeit für Hollandes Ansprachen, mehr in den Fokus. Auch US-Außenminister John Kerry verwendete aktuell in Wien "Daesh", der Begriff tauchte zudem in Fernsehdiskussionen auf.
Die Dschihadisten, die in Teilen des Irak und Syriens ein "Kalifat" ausgerufen haben, nennen ihre Gruppe selbst "Islamischer Staat" (IS). Viele Medien - auch der KURIER - übernehmen aus Gründen der Genauigkeit diese Selbstzuschreibung der Gruppe. Der Name ist jedoch umstritten, da die Extremisten weder den Islam noch einen Staat repräsentieren.
Weltweit ist die Bezeichnung der Gruppe uneinheitlich - neben IS ist auch von ISIS oder ISIL die Rede.
Ein Überblick über die Namensentwicklung der Gruppe
Entstehung der Gruppe im Irak unter dem Namen ISI:
Die Gruppe entstand 2006 im Irak unter dem Namen
Islamischer Staat im Irak (ISI), damals noch vorangetrieben vom Terrornetzwerk El-Kaida. Zu diesem Zeitpunkt tat sich die als El-Kaida in Mesopotamien bekannte Vereinigung mit verschiedenen islamistischen Gruppen im Irak zusammen. Nach jahrelangem Kampf im Irak schwand ihr Einfluss zunächst angesichts des Widerstandes zahlreicher sunnitischer Stämme.
Ausweitung des Einflussgebiets nach Syrien und neuer Name ISIL:
Der Bürgerkrieg im irakischen Nachbarland Syrien bot der Organisation die Möglichkeit, mit anderem Namen neu in Erscheinung zu treten. Mitglieder im Irak wurden zunächst nach Syrien geschickt, um bei der Gründung der Al-Nusra-Front zu helfen. Im April 2013 gab die ISI-Führung bekannt, beide Gruppen würden sich unter dem Namen "Islamischer Staat im Irak und der Levante" (ISIL) zusammentun.
Die Al-Nusra-Front wies dies jedoch zurück, ebenso wie El-Kaida-Chef Ayman al-Zawahri. Dieser bestimmte die Al-Nusra-Front zum El-Kaida-Ableger in Syrien und forderte die ISI-Anhänger auf, sich in den Irak zurückzuziehen. Die Anweisung wurde ignoriert, und ISIL blieb als konkurrierende Dschihadistengruppe mit Bestrebungen in Syrien und im Irak bestehen.
Die Bezeichnung ISIL führte teilweise zu Verwirrung, da das arabische Wort "Al-Sham" für Levante als auch für Syrien allein stehen kann. Dies führte dazu, dass die Gruppe von einigen "Islamischer Staat im Irak und der Levante" (ISIL) und von anderen "Islamischer Staat im Irak und Syrien" (ISIS) genannt wurde. "Al-Sham" ist eine schwer zu übersetzende Bezeichnung für ein Gebiet im Osten des Mittelmeeres, das Syrien einschließt.
In den USA entschieden sich Abgeordnete der Demokraten laut Washington Post offiziell dafür, die Bezeichnung ISIL zu verwenden, da ISIS der Name einer ägyptischen Göttin sowie ein weiblicher Vorname sei. Auch US-Präsident Barack Obama spricht von ISIL und vermeidet die Bezeichnung IS, da die Gruppe nicht "islamisch" sei und "sicherlich keinen Staat" darstelle. Die US-Republikaner sprechen wiederum von ISIS.
2014 erfolgte Umbenennung in IS:
Die Extremisten benannten sich in "Islamischer Staat" (IS) um, nachdem sie in Teilen des Iraks und Syriens ein "Kalifat" ausgerufen hatten. Vorausgegangen war die im Juni 2014 begonnene Offensive im Norden des Irak, bei der weite Regionen erobert wurden.
Im Arabischen ist die Gruppe häufig als DAIISH bekannt - einer Abkürzung des vollen arabischen Namens der Organisation"al-Dawla al-Islamiya fi Iraq wa ash-Sham", im Englischen als "DAESH". Die libanesische Zeitung Daily Star hat erklärt, dass "Daesh" im arabischen Raum in einem abfälligen Kontext verwendet und daher von der Gruppe selbst abgelehnt wird. "Daeshi" bezeichnet in der Alltagssprache mittlerweile einen bigotten Menschen, der seine Überzeugungen anderen aufzwingen will. Das ähnlich klingende arabische Wort "Dahes" steht laut Guardian für jemanden, der Zwietracht sät.
In Frankreich sprechen sowohl Hollande als auch Außenminister Fabius öffentlich von "Daesh". Der französische Islamismus-Experte Asiem El Difraoui und der französische Botschafter in Wien, Pascal Teixeira da Silva, verwendeten im Fernsehen ebenfalls diesen Begriff, der bewusst nicht den Buchstaben "I" für "Islamisch" enthält.
Wie soll man nun sagen?
Wie man die Gruppe nun nennen will, hängt einerseits davon ab, ob man geografische Verortung (Irak, Syrien) einfließen lassen möchte. Andererseits geht es um die Frage, ob man einen neutralen Standpunkt wahren will oder das Tun der Dschihadisten bewusst auch über die Namensverwendung diskreditieren möchte. Zusätzliche Vorschläge in diese Richtung kamen bereits 2014 von britischen Imamen ("Un-Islamischer Staat") oder jüngst von Politologen in TV-Diskussionen: "Pseudo-Islamischer Staat".
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