"Cumhuriyet"-Mitarbeiter bleiben in U-Haft

Eine Frau hält eine Zeitung mit der Schlagzeilge "Freiheit" in die Höhe.
Sieben Mitarbeiter der türkischen Zeitung kommen bis zu einem Urteil frei. Dieses soll vor Jahresende fallen.

Im Prozess gegen Mitarbeiter der regierungskritischen türkischen Zeitung "Cumhuriyet" müssen die vier wichtigsten Angeklagten in Untersuchungshaft bleiben. Das Gericht in Istanbul folgte am Freitag dem Antrag der Staatsanwaltschaft, Chefredakteur Murat Sabuncu, Herausgeber Akin Atalay, den Investigativjournalisten Ahmet Sik und den Kolumnisten Kadri Gürsel nicht freizulassen.

Vorwurf der "Verunglimpfung des Türkentums"

Sieben weitere inhaftierte Mitarbeiter der Zeitung werden nach dem Gerichtsbeschluss dagegen bis zu einem Urteil in dem Prozess auf freien Fuß gesetzt, wie "Cumhuriyet" und die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu übereinstimmend berichteten.

Das Gericht befürwortete außerdem neue Ermittlungen gegen Sik, die die Staatsanwaltschaft nach Angaben von "Cumhuriyet" wegen "Verunglimpfung des Türkentums" gefordert hatte. Grundlage ist ausgerechnet eine Ansprache, die Sik am Mittwoch vor Gericht zu seiner eigenen Verteidigung hielt. Er hatte darin mit Blick auf die Terrorvorwürfe gegen die Angeklagten unter anderem gesagt: "Die Organisation, die sie bei der Zeitung "Cumhuriyet" suchen, regiert unter dem Deckmantel einer politischen Partei das Land."

"Cumhuriyet" nannte die Freilassung von sieben Angeklagten bei gleichzeitig andauernder U-Haft für die anderen Beschuldigten eine "halbe Demokratie". Nach dem Beschluss über seine fortdauernde Inhaftierung rief Ahmet Sik im Gerichtssaal: "Das heute hier ergangene Urteil besagt: "Wir werden Euch in die Knie zwingen"." Alle "Tyrannen" müssten aber wissen, dass er nur in die Knie gehe, "um die Hand meiner Mutter und meines Vaters zu küssen".

Am 11. September wird wieder verhandelt

"Cumhuriyet" berichtete, als nächsten Verhandlungstag in dem Prozess habe der Richter den 11. September bestimmt. Das Gericht wolle noch vor Jahresende ein Urteil fällen. Den Angeklagten wird die Unterstützung verschiedener Terrororganisationen vorgeworfen. Ihnen drohen langjährige Haftstrafen.

Neben den vier "Cumhuriyet"-Mitarbeitern bestätigte das Gericht am Freitag auch die fortdauernde Untersuchungshaft für einen weiteren Angeklagten, der aber nicht für die Zeitung tätig ist. Unter den sieben Angeklagten, deren Freilassung verfügt wurde, sind der Karikaturist und ein Anwalt der Zeitung.

Ex-Chefredakteur Dündar lebt im Exil in Deutschland

"Cumhuriyet"-Mitarbeiter bleiben in U-Haft
ABD0049_20160928 - Der türkische Journalist und ehemalige Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung «Cumhuriyet», Can Dündar, spricht am 27.09.2016 während eines Interviewtermins in Berlin. Foto: Wolfgang Kumm/dpa (zu dpa "Can Dündar schreibt über seine Haft: 'Lebenslang für die Wahrheit" vom 28.09.2016) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Der Prozess, der international kritisiert wird, hatte am vergangenen Montag begonnen. Angeklagt ist auch der frühere Chefredakteur von "Cumhuriyet", Can Dündar. Er lebt aber inzwischen im Exil in Deutschland.

Von Journalistenorganisationen entsandte internationale Prozessbeobachter brachten am Freitag in einer Aussendung ihre Besorgnis über den Prozess zum Ausdruck. Sie forderten die Freilassung der vier in Haft verbliebenen Journalisten sowie die Einstellung des Verfahrens.

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