CSU erobert in Bayern die Absolute zurück

Horst Seehofer hat seine erste und einzige Landtagswahl bravourös gewonnen: Er kann mit einer absoluten CSU-Mehrheit weiterregieren. Was das über den Bundestrend aussagt, darüber streiten die Parteien.
Die Christlich Soziale Union kann sich im Nachbarland seit 60 Jahren an der Macht halten.

Was sich in den Umfragen abgezeichnet hatte, bestätigte sich am Sonntag noch deutlicher: 47,7 Prozent der Bayern stimmten für die Christlich-Sozialen. Damit errangen sie nach der Wähler-Warnung von 2008 wieder die absolute Mehrheit. CSU-Chef und Ministerpräsident Horst Seehofer hat sein Ziel erreicht und ist strahlender Wahlsieger: „Die CSU lebt als Volkspartei, sie ist tief im Volk verankert. Jeder Zweite hat uns gewählt“, freute er sich. „2008 ist Geschichte“.

Damals war die CSU nach einer Parteirevolte gegen Langzeitchef Edmund Stoiber auf 43,4 Prozent, ihren tiefsten Wert bisher, gesunken und musste seither mit der FDP regieren.

Das ist jetzt nicht mehr nötig – und möglich. Die CSU erhält nach dem vorläufigen Ergebnis 101 Mandate, zehn über der absoluten Mehrheit. Nach ersten Wählerstromanalysen gaben 31 Prozent der CSU-Wähler ihr die Stimme wegen Seehofer.

CSU erobert in Bayern die Absolute zurück
Die Bildkombo zeigt die Spitzenkandidaten Margarete Bause (Grüne), Martin Zeil (FDP), Christian Ude (SPD) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler, l-r) und Horst Seehofer (CSU, unten)am 15.09.2013 in München (Bayern) mit unterschiedlichen Reaktionen nach Bekanntgabe der Hochrechnungen zur Landtagswahl in Bayern. Foto: David Ebener; Andreas Gebert; Tobias Hase; MarcMüller/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Der bisherige Koalitionspartner stürzte von acht auf 3,3 Prozent ab und fliegt wieder aus dem Münchner Landtag. Die FDP-Landeschefin, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, wollte am Wahlabend ihr Landesamt aber nicht abgeben. FDP-Chef Philipp Rösler nannte in Berlin das Ergebnis „sehr schmerzlich aber einen Ansporn für die Bundestagwahl“, eine rot-rot-grüne Koalition von SPD-Chef Sigmar Gabriel zu verhindern.

Die SPD blieb gegenüber ihren eigenen Erwartungen und den noch höher gespannten ihres Spitzenkandidaten, des Münchner Bürgermeisters Christian Ude, klar zurück. Sie erreichte 20,6 Prozent, nur knapp zwei mehr als 2008, beim schlechtesten Ergebnis ihrer Parteigeschichte in Bayern.

Ude sagte, „wir haben unser Ziel nicht erreicht, aber doch Anlass zur Freude, weil wir dazu gewonnen haben Das ist keine Selbstverständlichkeit.“ Gabriel und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück verwiesen auf die schlechten Umfragewerte der SPD im Sommer: „Diese Differenz zum Ergebnis werden wir auch bei der Bundestagswahl haben.“ Allerdings tendierte die zuletzt gegen null. Ude wird bald aus der Politik ausscheiden, auch als als Bürgermeister der Landeshauptstadt München.

Bundestrend

Klare Wahlverlierer neben der FDP sind die Grünen: Sie verloren von 9,4 auf 8,6 Prozent. Die Spitzenkandidatin im Bund, Kathrin Göring-Eckhardt, zeigte sich „klar enttäuscht.“

CSU erobert in Bayern die Absolute zurück
Vorläufiges Endergebnis - Stimmenanteile 2013 und Veränderung zur Wahl 2008 ­ Balkengrafik; Sitze in Landtag­ Tortengrafik Grafik 1104-13-Bayern.ai, Format 42 x 102 mm
Unerwartet gut hielten sich die „Freien Wähler“ und ihr dominanter Chef Hubert Aiwanger. Die nur in Bayern nennenswerte Kleinpartei vor allem aus abtrünnigen CSU-Funktionären und -Ex-Wählern war 2008 mit beachtlichen 10,2 Prozent erstmals in den Landtag eingezogen. Davon bleiben jetzt immer noch 9,0 Prozent übrig, mehr als viele in München ihnen zugetraut hatten.

Wahlberechtigt waren knapp 9,5 Millionen Bayern und es machten viel mehr davon Gebrauch als zuletzt, vor allem durch mehr Briefwahl.

Für die Bundestagswahl am nächsten Sonntag war sie der von den Parteien mit Spannung erwartete Stimmungstest. Danach dürfte sich der klare Vorsprung der CDU/CSU in den Umfragen wohl verfestigen, wenngleich kaum über den 40 Prozent, wo die Union von Kanzlerin Merkel noch vor zwei Wochen gelegen hatte. Ihre große Sorge war zuletzt ein so knappes Ergebnis wie in Niedersachsen gewesen, wo 338 der CDU fehlende Stimmen den Regierungswechsel herbeigeführt hatten.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte in Berlin: „Dies ist ein klarer Sieg.“ Er gebe der CDU große Zuversicht für die Bundestagswahl. Merkel, die sich an Landtags- Wahlabenden traditionell nicht zu Wort meldet, setzt zwar offiziell auf die Fortsetzung der Koalition mit der FDP. Intern aber rechnet sie mit einer Großen Koalition.

Lange hatten CSU-Chef Seehofer und CDU-Chefin Merkel überlegt, ob die nach fünf Jahren in diesem Herbst fällige Bayern-Wahl zugleich oder getrennt mit der Bundestagswahl stattfinden sollte. Erst nach deren Festlegung auf kommenden Sonntag entschied sich Seehofer für den 15. September. Taktik und Tradition haben dafür den Ausschlag gegeben.

Denn Tradition ist das ambivalente Verhältnis Bayerns zum Bund und Berlin, seit Reichskanzler Bismarck deren Eingliederung ins Deutsche Kaiserreich betrieb und 1871 erreichte. Seither betonen die Bayern gerne ihre Distanz mit dem vom Nationaldichter Ludwig Thoma als „Saupreißen“ gesellschaftsfähig gemachten Wort für die Nachbarn und vermeintlichen Hegemonen im Norden.

Berlin“ ist in München ein immer noch sorgfältig gehätscheltes Feindbild – und tut auch einiges dafür: Zum Finanzausgleich unter den Bundesländern muss Bayern ein Zehntel seines Landesbudgets beitragen, Sozialleistungen wie beitragsfreie Kindergärten, die es seinen Bürgen aus Sparsamkeit vorenthält, werden damit in der Hauptstadt und anderen SPD-regierten Bundesländern locker finanziert.

Die Revision dieser Bestimmung ist ein Dauerthema in Bayern: Seehofer reichte heuer gegen den Finanzausgleich Klage am Verfassungsgericht ein und nutzte ihn als eines seiner zentralen Wahlkampfargumente. Die Forderung nach einer Pkw-Maut für Ausländer half ihm, wegen des außerhalb von Bayern entgegenschallenden Neins inklusive der Bundeskanzlerin den Ruf als Populisten festigen. Seehofer jedenfalls bedient die Animosität seiner Landsleute gegen den Rest der Republik so wie seine Vorgänger, um auch damit die Unverzichtbarkeit einer starken CSU zu belegen.

Rückenwind und Risiko

Noch mehr als die Tradition konsequenten Unterscheidens von Berlin war die Taktik für die Terminwahl ausschlaggebend. In der CSU und der Schwesterpartei CDU hoffte man, dass der in den Umfragen in Bayern früh spürbare Aufwind der CSU beiden bei der Bundestagswahl einen Anschub gibt; weniger durch die eigene Stärke als durch die von ihnen erhoffte Niederlage der SPD in Bayern, als die jedes Ergebnis um 20 Prozent gilt.

Heikel für die Union ist allerdings das Abschneiden der FDP: Fliegt sie tatsächlich aus dem Münchner Landtag, könnte das zu „Leihstimmen“ potenzieller CDU-Wähler führen, die damit den liberalen Koalitionspartner im Bundestag absichern wollen. Diese Taktik hatte in Niedersachsen im Jänner zum Verlust der CDU-Regierung geführt. Deshalb hat sie nun die CDU-Zentrale verboten.

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