Clooneys Freundin und der Folterchef

Anwältin Amal Alamuddin vertritt Gaddafis Geheimdienst-Chef, dem Kriegsverbrechen vorgeworfen werden.

Schön, gebildet, reich – und seit Kurzem Mrs. Clooney in spe. Amal Alamuddin ist das neue Idol im Nahen Osten. Die 36-jährige Tochter einer bekannten libanesischen TV-Journalistin ist in London aufgewachsen, studierte in Oxford und schaffte es in die renommierte Anwaltskanzlei Doughty Street Chambers.

Jetzt vertritt Amal Alamuddin als Anwältin den ehemaligen libyschen Geheimdienstchef Abdullah al Senussi. Der 64-jährige Schwager Muammar Gaddafis steht in Libyen wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht. Er habe Regierungsgegner systematisch foltern und Frauen vergewaltigen lassen, er sei verantwortlich für die 1200 Toten des Massakers im Abu-Salim-Gefängnis, habe militärische Gewalt gegen Zivilisten angeordnet.

Am Ende am Galgen

Gemeinsam mit seiner jetzt weltbekannten Anwältin will Senussi dagegen Berufung einlegen, dass ihm in seinem Heimatland der Prozess gemacht wird und nicht im neutralen Den Haag. Der Internationale Strafgerichtshof hatte 2011 Haftbefehle gegen Senussi und Saif al-Islam erlassen. Senussi war zunächst geflohen, dann aber in Mauretanien gefasst und Ende 2012 an Libyen ausgeliefert worden. Im Oktober entschied der IStGH, dass Libyen das Verfahren gegen ihn und 36 andere Ex-Regimegrößen – darunter Gaddafis Sohn Saif al-Islam – selbst durchführen könne. Das hat viel Kritik heraufbeschwört: Bei einem Prozess in Libyen sei von Anfang an klar, dass Senussi und Saif al-Islam am Ende am Galgen hängen werden.

Als Anwältin für heikle Fälle hat sich Alamuddin schon lange vor ihrer Liaison mit Clooney einen Namen gemacht. Sie vertritt etwa WikiLeaks-Gründer Julian Assange. Sie war die Anwältin der ukrainischen Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko, als der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die ukrainische Regierung wegen deren Haftbedingungen verurteilte. Sie war Assistentin des Richters beim UN-Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien im Verfahren gegen Slobodan Milosevic und Beraterin Kofi Annans, als dieser UN-Syriengesandter war. Zudem versuchte sie als Anklägerin im UN-Sondertribunal für den Libanon den Mord an Ex-Premier Hariri aufzuklären.

Alamuddin gilt als Verfechterin der Menschenrechte, vertrat aber auch umstrittene Persönlichkeiten wie Bahrains König Hamad bin Isa al-Khalifa, dem systematische Folter vorgeworfen wird.

Auch ihr Engagement für Senussi ist umstritten. Wie lässt es sich mit den Menschenrechten vereinen, einen Mann zu vertreten, der öffentliche Hinrichtungen angeordnet hat, der vermutlich die Lockerbie-Entführung geplant hat? Eine Menschenrechtsaktivistin, die jemanden verteidigt, der selbst auf die übelste Art gegen Menschenrechte verstieß? Alamuddins einfache Antwort: Jeder Angeklagte hat ein Recht auf einen fairen Prozess. Bei Senussi sieht sie diese Voraussetzung nicht. "Libyen hat uns keinen einzigen Besuch bei Senussi erlaubt", sagte sie zum Observer. Auch das sei ein Verstoß gegen die Menschenrechte, für die sie vehement eintritt.

Der libysche Staat will seinem Ex-Regime den Prozess machen und die Verurteilung der Angeklagten nicht dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag überlassen. Doch der Staat und somit auch die Justiz in Libyen stehen auf wackeligen Beinen.

Vier Premierminister hat es seit dem Bürgerkrieg bereits gegeben. Vergangene Woche sollte der fünfte vom Parlament gewählt werden. Nach einer tagelangen Unterbrechung – Bewaffnete waren ins Parlament eingedrungen – kam es am Sonntag zur Abstimmung. Der 42-jährige Ahmed Maiteeq ist als "Misrata-Kandidat" gegen den "Bengasi-Kandidaten" Omar al-Hasi angetreten.

Der Unternehmer Maiteeq wurde nach der Wahl zunächst als neuer Regierungschef ausgerufen. Doch wenig später erklärte der Vizepräsident des Parlaments dessen Wahl als ungültig. Er habe nicht die erforderlichen 120 Stimmen erreicht.

Stundenlang war unklar, ob Libyen nun einen neuen Premier hatte oder nicht. Erst am Montagnachmittag kam Maiteeqs Bestätigung. Seine Wahl ist symptomatisch für das politische Chaos im Land. Der dritte Übergangspremier Ali Zeidan war per Misstrauensvotum im März geschasst worden. Sein Nachfolger, Abdullah al-Thanni, hängte das Amt bereits nach kurzer Zeit im April an den Nagel, nachdem seine Familie bedroht und attackiert worden war.

Nun soll Maiteeq innerhalb von zwei Wochen eine Regierung bilden. Von der politischen Beruhigung ist das nordafrikanische Land aber weit entfernt.

Kommentare