China: Krimi um einen Ex-Politstar

China's former Chongqing Municipality Communist Party Secretary Bo Xilai (R) and his wife Gu Kailai stand at a mourning held for his father Bo Yibo, former vice-chairman of the Central Advisory Commission of the Communist Party of China, in Beijing in this January 17, 2007 file photo. China holds its most sensational trial this week since convicting the Gang of Four over 30 years ago, putting Gu Kailai, the wife of deposed leader Bo Xilai, in the dock for murder. Legal experts and activists expect her to receive the kind of rapid guilty verdict handed down in almost all Chinese criminal trials - the kind Gu once compared favourably to the United States where she felt the guilty risked going free on legal technicalities. Picture taken January 17, 2007. REUTERS/Stringer/Files (CHINA - Tags: CRIME LAW POLITICS) CHINA OUT. NO COMMERCIAL OR EDITORIAL SALES IN CHINA
Bo Xilai ist nun wegen Korruption und Machtmissbrauch angeklagt.

Seine Frau ist in einem der wildesten Korruptions- und Kriminalfälle Chinas schon im August 2012 zum Tode verurteilt worden, jetzt geht es auch ihm an den Kragen: Der einst aufstrebende Politstar und inzwischen entmachtete chinesische Spitzenpolitiker Bo Xilai ist am Donnerstag offiziell wegen Korruption angeklagt worden. Dem 64-jährigen ehemaligen Politbüro-Mitglied und Parteichef der Metropole Chongqing drohen wegen angeblicher Schmiergeldzahlungen, Korruption sowie Machtmissbrauchs 15 Jahre Haft.

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt den Ex-Politiker „schwerer Verbrechen“, er habe seine Stellung ausgenutzt, um anderen Vorteile zu verschaffen, und „große Mengen öffentlicher Gelder unterschlagen – die Rede ist von rund 30 Millionen Yuan (3,71 Millionen Euro).

Weil sich Bo Xilai bei der Aufklärung der Vorwürfe „unkooperativ“ zeige, so Hongkonger Zeitungen, droht ihm, wie in China üblich, eine höhere Strafe. Als Sohn des Revolutionsführers Bo Yibo und damit Sohn einer verdienten Familie gilt die ebenfalls mögliche Todesstrafe aber als unwahrscheinlich.

Der Vorwurf des Amtsmissbrauchs bezieht sich auch auf den angeblichen Versuch, den Mord am britischen Geschäftsmannes Neil Heywood zu vertuschen, für den Bo Xilais Frau später verurteilt wurde. Sie soll den Familienfreund, der ihr geholfen haben soll, ihr Vermögen ins Ausland zu bringen, nach einem Streit vergiftet haben.

Im Februar 2012 flüchtete allerdings sein Polizeichef und enger Vertrauter Wang Lijun in das US-Konsulat im nahe gelegenen Chengdu. Der korrupte „Super-Bulle“ hatte sich mit Bo Xilai überworfen, fürchtete um sein Leben und packte unter anderem zu den Mordplänen an Heywood aus.

Der weltgewandte Bo galt im Zuge des Generationswechsels in der Kommunistischen Partei im vergangenen Jahr als aussichtsreicher Kandidat für einen Aufstieg in die Spitze. Sein Fall stürzte die Partei vor dem lange vorbereiteten Wechsel zum neuen Staats- und Parteichef Xi Jinping auf dem Parteitag im November in eine tiefe Krise. Bo Xilai genoss besonders unter linkskonservativen Kräften großes Ansehen und hatte viel Einfluss in Partei und Militär. Er wurde aus der Partei ausgeschlossen.

Im Kampf der Partei gegen Korruption in China ist Bo Xilai einer der bisher höchstrangigen Chinesen, der vor Gericht steht.

Bo Xilai schien auf dem Weg an die Spitze. Der charismatische Politiker hatte Anfang vergangenen Jahres noch gute Aussichten, beim Generationswechsel auf dem Parteikongress im November in den engsten Führungszirkel aufzurücken. Der Giftmord seiner Frau Gu Kailai an dem befreundeten Geschäftsmann Neil Heywood setzte der Karriere des 64-Jährigen aber ein jähes Ende.

Mit charmanten Umgangsformen und souveränem Auftreten ähnelte der ehemalige Handelsminister wie kaum ein anderer chinesischer Politiker populären westlichen Amtskollegen. Er wurde schon als möglicher Regierungschef gehandelt, bevor er 2007 eher überraschend Parteichef von Chongqing wurde.

Sein modernes Auftreten stand im Gegensatz zu der neomaoistischen Kampagne, mit der sich Bo Xilai als Parteichef in der boomenden 30-Millionen-Metropole einen Namen machte. Kritiker nannten ihn einen Populisten. Seine Sozialpolitik und "roten Lieder" machten ihn zur Galionsfigur linkskonservativer Kräfte und zum Gegenspieler eher marktorientierter Reformpolitiker in der Partei.

Widersprüchlich war auch sein Kampf gegen das organisierte Verbrechen. Indem er in Chongqing alte Machtstrukturen aufbrach, erwarb sich Bo Xilai den Ruf als gnadenloser "Mafia-Jäger". Seine eigenen Machenschaften, die der Polizeichef und Vertraute Wang Lijun später enthüllte, waren hingegen nicht minder kriminell.

Schon seine Herkunft hatte ihm eine große Zukunft verheißen. Bo Xilai ist der Sohn des berühmten Revolutionsveteranen Bo Yibo, der zu den "acht Unsterblichen" der Kommunistischen Partei gehörte. Als Teenager schloss sich der "Prinzling" den fanatischen Roten Garden Mao Tsetungs an. Später studiert er Geschichte und Journalismus.

Seine Karriere ging steil nach oben. Vom Bürgermeister der Hafenstadt Dalian stieg Bo Xilai zum Handelsminister auf, warb um ausländische Investitionen. Er und seine Frau Gu Kailai, eine erfolgreiche Anwältin, galten als das Traumpaar der chinesischen Politik. Beide haben einen Sohn, Bo Guagua, der an der Harvard Universität in den USA studierte.

In der Familie soll sich Gu Kailai um die Finanzen gekümmert haben. Über den Briten Heywood soll sie Geld ins Ausland verschoben haben, wobei es zum tödlichen Streit gekommen sei, wie es hieß. Bo Xilai versuchte, die Tat zu vertuschen, überwarf sich mit seinem Polizeichef. Der "Superbulle" Wang Lijun fürchtete um sein Leben und flüchtete ins US-Konsulat im benachbarten Chengdu, wo er auspackte.

Als seine Enthüllungen bekannt wurden, versuchte Bo Xilai während der Tagung des Volkskongresses 2012 in Peking noch kämpferisch vor Journalisten, die Flucht nach vorne anzutreten und die Vorwürfe zu entkräften. Wenige Tage später verschwand der Politstar im Hausarrest. Er verlor alle seine Posten und wurde im November aus der Partei ausgeschlossen.

von Andreas Landwehr/dpa

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