China als neue Militärmacht

Der Schein trügt: Während Stewardessen lächelnd vor der Großen Halle des Volkes in Peking posierten, zerrte die Polizei Demonstranten weg, die Flugblätter verteilt hatten.
Mit der Aufrüstung betont China seinen Dominanz-Anspruch in Ostasien.

Inmitten der Spannungen mit den Nachbarn hat Chinas Staatschef Xi Jinping eine drastische Aufrüstung der Streitkräfte angekündigt: Peking will Milliarden ins Militär pumpen. Japan und anderen Ländern bereitet dies Sorgen. Zum Auftakt des Volkskongresses gab sich Ministerpräsident Li Keqiang noch an einer zweiten Front martialisch: Er sagte auch der Umweltverschmutzung, die in China verheerende Ausmaße angenommen hat, den Kampf an.

"China ist eine verantwortungsvolle Großmacht", sagte Li Keqiang vor rund 3000 Delegierten, denen er das zentrale Ziel der Partei erklärte: Der Wehretat soll um gut zwölf Prozent auf umgerechnet 95,7 Milliarden Euro steigen, Grenz- und Küstenschutz sollen verstärkt werden. China setzt damit die seit Jahren andauernde Aufrüstung massiv fort. Im weltweiten Vergleich geben nur die USA noch mehr Geld für die Armee aus.

Proteste

Proteste überschatteten den Volkskongress in Peking: Polizisten zerrten mehrere Demonstranten weg, die auf dem Tian’men-Platz Flugblätter verteilt hatten. Und laut einer Augenzeugin soll eine Frau versucht haben, sich selbst anzuzünden. Sie habe ein Video aufgenommen, erklärte die geschockte Zeugin, doch Polizisten hätten sie gezwungen, die Aufnahme zu löschen.

In der Großen Halle des Volkes erntete Li Keqiang indes Applaus für seine Worte: "Chinas Einfluss in der Welt ist weiter gewachsen." Das selbstbewusste Auftreten der Führung kommt einer Kehrtwende in der Außenpolitik gleich, denn bisher hatte sich Peking in seinen Aussagen meist zurückgehalten.

Staatsführer Deng Xiaoping hatte vor Jahrzehnten als außenpolitische Doktrin ausgegeben: "Haltet unsere Stärken verborgen. Versteckt unsere Schwächen." Daran hielten sich seine Nachfolger. Doch nun scheint die neue Führung unter Xi Jinping eine andere Strategie einzuleiten. Als größte Handelsnation der Welt und regionale Militärmacht beansprucht China offenbar eine neue globale Führungsrolle.

Die Aufrüstung beunruhigt die Nachbarländer – mit etlichen Staaten hat China Grenzstreitigkeiten, allen voran Japan (siehe links). Im Südchinesischen Meer gehen die Konflikte weiter, denn auch dort macht Peking Besitzansprüche geltend.

Traditionell war Chinas Volksbefreiungsarmee auf die Rückeroberung Taiwans fokussiert. Doch die Kontrolle des Ostchinesischen und Südchinesischen Meeres und der dort beanspruchten Inseln sowie der Schutz wirtschaftlicher und für die Ölversorgung wichtiger Wasserstraßen rücken zunehmend ins Zentrum ihrer Aufgaben.

Umwelt-Reformen

Nicht nur beim Militär, auch wirtschaftlich setzt China auf Wachstum. Dies soll aber umweltfreundlicher erfolgen, zudem werde es "schmerzhafte strukturelle Veränderungen" geben, sagte Li Keqiang. "Smog beeinträchtigt weite Teile von China", erklärte der Premier. Angesichts der wachsenden Empörung der Bevölkerung über die Umweltverschmutzung sieht sich die Regierung offenbar gezwungen zu handeln. Es werde Reformen geben, erklärte Li Keqiang. Die Arbeit an einer neuen Umweltschutz-Steuer soll beschleunigt werden. Und die Produktion der Stahl- und Zementindustrie, die für die Luftverschmutzung mitverantwortlich ist, soll verringert werden.

Kommentare