Causa Snowden: US-Vize schaltet sich ein
US-Vizepräsident Joe Biden hat zum Telefonhörer gegriffen, um Ecuador von der Erteilung politischen Asyls für den Geheimdienst-Aufdecker Edward Snowden abzubringen. Dies teilte der ecuadorianische Präsident Rafael Correa am Samstag in einer Pressekonferenz zurück. "Wir haben über die Affäre Snowden gesprochen und er hat mir auf äußerst höfliche Weise den Wunsch der USA übermittelt, das Asylgesuch abzulehnen", sagte Correa. Das Telefongespräch habe am Freitag stattgefunden.
Zuvor hatte Correa in seiner wöchentlichen Pressekonferenz Snowdens Enthüllungen über geheime britische und US-Programme zur Überwachung der Telefon- und Internetkommunikation als "größten Spionagefall in der Menschheitsgeschichte" bezeichnet.
Drohung mit Sanktionen
US-Politiker hatten dem südamerikanischen Land zuvor mit wirtschaftlichen Vergeltungsakten gedroht, sollte es den von der US-Justiz gesuchten 30-jährigen Computerspezialisten aufnehmen. Snowden wartet derzeit im Transitbereich des Moskauer Flughafens darauf, dass ihm ein Land Zuflucht gewährt. Er soll Asylanträge in Ecuador und Island gestellt haben. Ecuador will den Asylantrag jedoch erst nach der Einreise Snowdens prüfen.
Die USA suchen Snowden als Enthüller umfassender Überwachungsprogramme des US-Geheimdiensts NSA per Haftbefehl. Sie fordern seine Auslieferung und haben seinen US-Pass entwertet.
USA schweigen zu "Spiegel"-Bericht
Die USA schweigen unterdessen zu einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, wonach der US-Geheimdienst NSA diplomatische Vertretungen der EU ausspioniert hat. "Ich kann das nicht kommentieren", sagte der stellvertretende US-Sicherheitsberater Ben Rhodes am Samstag vor Journalisten in Pretoria. Er sage nichts zu derartigen "unautorisierten Berichten", fügte Rhodes auf eine Frage hinzu.
Nach Angaben des Spiegel handelt es sich um Angriffe auf EU-Vertretungen in Washington, New York und Brüssel. Der Geheimdienst habe Wanzen versteckt und interne Computernetzwerke infiltriert. Dies gehe aus geheimen Dokumenten hervor, die der Informant Edward Snowden mitgenommen habe und die der "Spiegel" teilweise einsehen konnte, hieß es.
Führende EU-Politiker haben empört auf die Meldungen reagiert, wonach der US-Geheimdienst NSA gezielt die Europäische Union ausgespäht haben soll. "Wenn diese Berichte wahr sind, ist das abscheulich", sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn Spiegel Online. "Die USA sollten lieber ihre Geheimdienste überwachen statt ihre Verbündeten. Wir müssen jetzt von allerhöchster Stelle eine Garantie bekommen, dass das sofort aufhört."
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) forderte genauere Informationen. "Aber wenn das stimmt, dann bedeutet das eine große Belastung für die Beziehungen der EU und der USA", sagte er dem Nachrichtenportal. Manfred Weber (CSU), stellvertretender Fraktionsvorsitzender der EVP und Sicherheitsexperte im Europaparlament, nannte es inakzeptabel, wenn europäische Diplomaten und Politiker in ihrem Alltag ausspioniert werden. "Das Vertrauen ist erschüttert."
"Das Ausspionieren hat Dimensionen angenommen, die ich von einem demokratischen Staat nicht für möglich gehalten habe", sagte Elmar Brok (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments. Europas geplantes Freihandelsabkommen mit den USA hält er für gefährdet. "Wie soll man noch verhandeln, wenn man Angst haben muss, dass die eigene Verhandlungsposition vorab abgehört wird?", sagte er Spiegel Online.
Für Swoboda "keine Überraschung"
Der sozialdemokratische Fraktionschef im Europaparlament Hannes Swoboda ist nicht überrascht, dass der US-Geheimdienst NSA offenbar auch EU-Gebäude verwanzt hat. "Wenn es stimmt, dass die NSA auch die EU-Mission in Washington ausspioniert hat, dann ist das keine Überraschung, aber trotzdem empörend", teilte der SPÖ-Politiker am Samstagabend über Twitter mit.
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