Calais: Pfefferspray gegen schlafende Flüchtlinge

Flüchtlinge am Rande von Calais, nahe des ehemaligen "Dschungels"
Französische Polizisten sollen dutzende Flüchtlinge im Schlaf besprüht haben. Die Behörden in Nordfrankreich weisen den Bericht der Menschenrechtsorganisation zurück.

Beim Einsatz gegen Flüchtlinge in der Hafenstadt Calais wendet die französische Polizei nach Angaben von Menschenrechtlern routinemäßig Pfefferspray an - sogar gegen schlafende Flüchtlinge.

Laut einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) berichteten 55 von 61 befragten Flüchtlingen, dass sie erst kürzlich mit Pfefferspray besprüht worden seien. Die Behörden wiesen den Bericht entschieden zurück.

"Die 55 wurden im Schlaf besprüht"

"Die 55 wurden im Schlaf besprüht", sagte der Autor des Berichts, Michael Garcia Boschenek, der Nachrichtenagentur AFP. Er habe zwischen Ende Juni und Anfang Juli an verschiedenen Orten mit Flüchtlingen aus verschiedenen Ländern gesprochen. Die übereinstimmenden Zeugenaussagen zeigten, dass es "ein ernstes Problem" gebe. In dem HRW-Bericht heißt es, Pfefferspray führe zu vorübergehender Erblindung, starken Augenschmerzen und Atemnot; die Symptome dauerten 30 bis 40 Minuten.

Die Direktorin von HRW Frankreich, Benedicte Jeannerod, sprach von schweren Verstößen gegen die Verhaltensregeln der Polizei und gegen internationale Menschenrechtsabkommen. Polizisten in Calais sprühten sogar die Kleidung und Schlafsäcke von Flüchtlingen ein, sagte sie AFP. Dem Bericht zufolge zerstören Polizisten zudem Lebensmittel der Flüchtlinge und verhindern den Zugang humanitärer Helfer.

"Erlogen und verleumderisch"

Der Präfekt des Verwaltungsbezirks Pas-de-Calais, Fabien Sudry, wies die Vorwürfe als "erlogen und verleumderisch" zurück. Die Polizei respektiere die Regeln des Rechtsstaates und ihr einziges Ziel sei die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, sagte er auf Anfrage von AFP.

Calais ist seit Jahren ein Brennpunkt der Flüchtlingskrise in Europa. Von der Region am Ärmelkanal aus wollen zahlreiche Flüchtlinge heimlich nach Großbritannien gelangen, wo sie sich Chancen auf ein besseres Leben erhoffen.

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