Bundestag: Grünes Licht für umstrittene BND-Reform

BND war im NSA-Skandal in Kritik geraten.
Linke und Grüne beklagen eine Legalisierung von Massenüberwachung. Die wichtigsten Fragen und Anworten.

Die Große Koalition in Deutschland spricht von einer präziseren Rechtsgrundlage für einen schlagkräftigen Auslandsgeheimdienst, Linke und Grüne beklagen eine Legalisierung von Massenüberwachung: Die im Zuge der Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA angestoßene Reform des Bundesnachrichtendienstes (BND) ist am Freitag verabschiedet worden.

Außerdem beschloss der Bundestag eine Neuordnung der parlamentarischen Kontrolle der Geheimdienste.

WARUM GING DIE BUNDESREGIERUNG DIE BND-REFORM AN?

Die Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden hatten ein Schlaglicht auf die Zusammenarbeit zwischen dem US-Geheimdienst und dem BND bei der Abschöpfung von Kommunikationsdaten geworfen. Unter anderem soll der deutsche Auslandsgeheimdienst für die NSA europäische Verbündete ausgeforscht haben.

Union und SPD hatten sich bereits im vergangenen Jahr auf eine Geheimdienstreform verständigt. Die von den Koalitionsfraktionen vorgesehene Beschränkung der BND-Aktivitäten stieß aber innerhalb der Regierung nicht zuletzt wegen der Gefahr von islamistischen Anschlägen auf Widerstand. Im Juni einigte sich die Große Koalition dann auf eine abgeschwächte Fassung.

WEN UND WAS DARF DER BND ÜBERWACHEN?

Bundestag: Grünes Licht für umstrittene BND-Reform
Der BND hat in Deutschland umfassende neue Rechte bekommen. Peter Pilz will dagegen vorgehen.
Das Gesetz regelt die strategische Fernmeldeaufklärung von Ausländern im Ausland - also das Überwachung von Telefon und Internetverbindungen durch den BND, um an Informationen über Bedrohungen zu gelangen und die außenpolitische Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik zu wahren. Dazu kann der Geheimdienst auch Internetknotenpunkte in Deutschland anzapfen, über die der weltweite Datenverkehr abgewickelt wird. Welche Telekommunikationsnetze überwacht werden, muss das Bundeskanzleramt festlegen.

Die auf der Grundlage von Suchbegriffen gesammelten Daten darf der BND dann bis zu sechs Monate speichern und auch an ausländische Dienste wie die NSA weitergeben. Wirtschaftsspionage wird aber ausdrücklich untersagt, ebenso das gezielte Ausspähen befreundeter Staats- und Regierungschefs. Das Gesetz sieht zudem rechtliche Hürden für das Abhören von Bürgern und Institutionen in der Europäischen Union vor. In Ausnahmefällen ist es allerdings weiterhin möglich, Ziele in der EU auszuspionieren - etwa bei Terrorgefahren oder der Bekämpfung von illegalem Waffenhandel.

KÖNNEN AUCH DEUTSCHE INS VISIER GERATEN?

"Eine Erhebung von Daten aus Telekommunikationsverkehren von deutschen Staatsangehörigen, von inländischen juristischen Personen oder von sich im Bundesgebiet aufhaltenden Personen ist unzulässig", heißt es in dem Gesetz. Allerdings wird nicht ausgeschlossen, dass bei Überwachungsmaßnahmen auch Daten von Deutschen im Netz des BND landen. Ein mehrstufiges Filtersystem soll dafür sorgen, solche Verkehre zu erkennen und unverzüglich zu löschen.

WAS SAGEN DIE KRITIKER DES GESETZES?

Grüne und Linke beklagen, dass die Bundesregierung eine Massenüberwachung ermögliche und die rechtswidrigen Praktiken des Bundesnachrichtendienstes nachträglich legitimiere. Auch in der Zivilgesellschaft gibt es Widerstand: Ein Bündnis, dem unter anderem Amnesty International, Journalistenverbände und der Deutsche Anwaltsverein angehören, kritisiert, dass vage Kriterien dem BND nahezu ungehinderten Zugriff auf Telekommunikationsnetze erlaubten. Drei UN-Sonderberichterstatter zeigten sich besorgt, dass ausländische Journalisten und Rechtsanwälte ausgespäht werden können.

WIE WERDEN DIE GEHEIMDIENSTE KONTROLLIERT?

Für die Kontrolle der Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung soll laut der BND-Reform künftig ein sogenanntes Unabhängiges Gremium aus Richtern und Bundesanwälten zuständig sein, die von der Bundesregierung berufen werden. Kritiker befürchten eine Aushebelung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr), das im Bundestag mit der Kontrolle der Geheimdienste beauftragt ist. Das PKGr wacht dabei nicht nur über den BND, sondern auch über den Verfassungsschutz und den Militärischen Abschirmdienst.

Das ebenfalls am Freitag beschlossene Gesetz zur Geheimdienstkontrolle sieht die Bestellung eines "Ständigen Bevollmächtigten des Parlamentarischen Kontrollgremiums" vor, der die Arbeit des Gremiums unterstützen und mit anderen Kontrollinstanzen koordinieren soll. Das PKGr soll künftig zudem einmal im Jahr die Präsidenten der deutschen Nachrichtendienste öffentlich befragen. Ferner soll der Schutz für Hinweisgeber aus den Nachrichtendiensten verbessert werden.

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