Bulgarien: Moskautreuer Radew wird Präsident
Der russlandfreundliche Oppositionskandidat Rumen Radew hat die Präsidentenwahl in Bulgarien nach übereinstimmenden Prognosen klar gewonnen. Der Ex-General bekam bei der Stichwahl am Sonntag nach Angaben mehrerer Meinungsforschungsinstitute etwa 58 Prozent der Stimmen. Die bürgerliche Regierungskandidatin, Zezka Zatschewa, erreichte danach nur rund 38 Prozent. Das amtliche Endergebnis sollte erst am Montag feststehen.
Premier zieht Konsequenzen
Nach der Niederlage der von ihm nominierten Zatschewa hat der bulgarische Ministerpräsident Boyko Borissow am Sonntag seinen Rücktritt erklärt. "Morgen oder übermorgen" werde er seinen Rücktritt einreichen, sagte der seit Oktober 2014 regierende Borissow vor Journalisten in Sofia. Der Schritt könnte das ärmste EU-Land Bulgarien in eine neue Regierungskrise stürzen - die dritte seit 2013.
Staatschef Rossen Plewneliew, dessen Amtszeit im Jänner 2017 ausläuft, sagte, ein Regierungsrücktritt bedeute noch lange keine parlamentarische Krise. Er wolle mit den anderen Parteien über die Bildung einer neuen Regierung beraten, bevor er eine Übergangsregierung einsetze.
Radew, der frühere Befehlshaber der Luftstreitkräfte, trat als Bewerber der oppositionellen Sozialisten an. Er steht für engere Beziehungen Bulgariens zu Moskau und die Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland. Er setzt sich auch für eine eigenständige bulgarische Flüchtlingspolitik ein.
EU-Ratsvorsitz
Mit dem neuen Präsidenten wird Bulgarien den EU-Ratsvorsitz am 1. Jänner 2018 übernehmen. Das Interesse an der zweiten Runde der Präsidentenwahl am Sonntag war groß. 6,8 Millionen waren aufgerufen, ihre Stimme abzugeben.
Radew war schon überraschend mit 25 Prozent der Stimmen als Sieger aus dem ersten Wahlgang vor einer Woche hervorgegangen. Zatschewa kam dabei nur auf 22 Prozent. Ihr schlechtes Abschneiden beim ersten Wahlgang wurde als Protestvotum gegen die Regierung gewertet.
Mit dem ehemaligen Befehlshaber der bulgarischen Luftstreitkräfte, Rumen Radew, ist erstmals ein früherer Militär zum Staatsoberhaupt Bulgariens gewählt worden. Als Kandidat der oppositionellen Sozialisten (Ex-KP) gewann der politische Neuling die Stichwahl für das Präsidentenamt gegen die bürgerliche Regierungskandidatin Zezka Zatschewa.
Ebenso wie die Sozialisten steht der Kampfflugzeugpilot für engere Beziehungen zu Moskau und die Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland. Andererseits versprach Radew, alle Verpflichtungen Bulgariens gegenüber der NATO und der EU einzuhalten. Er setzt sich für eine eigenständige bulgarische Flüchtlingspolitik ein, damit das ärmste EU-Land "nicht zum Migrantenghetto" werde sowie für eine Revision des Dublin-Abkommens. Innenpolitisch will er den Kampf gegen die Korruption effektiver gestalten.
Radew wurde 1963 in der sozialistischen Vorbildstadt Dimitrowgrad im Süden des Landes geboren. Er absolvierte die Hochschule für Militärflieger in Dolna Mitropolija in Nordbulgarien und einen Offizierskurs am Luftwaffencollege der US Air Base Maxwell, wo er auch studierte. Später absolvierte Radew auch die Militärakademie in Sofia.
Dem breiten Publikum war Radew bis vor zwei Jahren völlig unbekannt - bis er im Oktober 2014 bei einer Flugschau bei Sofia Tausende Bulgaren mit virtuosen und riskanten Vorführungen mit einem russischen Kampfflugzeug MIG-29 begeisterte. Radew ist in zweiter Ehe verheiratet und hat eine Tochter und einen Sohn aus seiner ersten Ehe.
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