Wie Virginia Raggi in Rom aufräumen will

Stadtchefin Raggi muss die Ineffizienz der Müllentsorgung in Rom beseitigen.
Rom gilt als unregierbar. Die junge Anwältin steht vor einer Herkulesaufgabe.

Politisch unerfahren, aber mit klaren Visionen, wie die italienische Hauptstadt nach Jahren der Misere wieder auf die Beine gestellt werden soll: Virginia Raggi, junge Kandidatin der Fünf-Sterne-Bewegung, hat mit einer überwältigenden Zwei-Drittel-Mehrheit Rom erobert. Mit 37 Jahren ist die elegante Rechtsanwältin die erste Frau, die als Bürgermeisterin das Steuer der Ewigen Stadt übernimmt.

Schulden, Korruption, Verkehrschaos

Vor dieser Herkulesaufgabe würden viele Schwergewichte der italienischen Politik schaudern. Rom wird seit dem Rücktritt des Bürgermeisters Ignazio Marino (PD), der im Oktober vergangenen Jahres über einen Spesenskandal gestolpert war, kommissarisch regiert. Italiens Hauptstadt ist hoch verschuldet, die Infrastruktur sanierungsbedürftig und der Nahverkehr höchst ineffizient. Auf Raggi warten daher immense Herausforderungen, vor denen wesentlich abgebrühtere Politiker als die zierliche Rechtsanwältin zurückschrecken würden.

Die Wähler, die in den vergangenen Monaten Kommunalpolitiker der alten Parteien im Korruptionssumpf "Mafia Capitale" versinken sahen, hoffen, dass die von politischen Machenschaften unberührte Raggi die Ewige Stadt wieder auf die Beine bringt. Ob dies die Mutter eines siebenjährigen Buben mit einer kurzen Amtszeit als Gemeinderätin schafft, bezweifeln politische Beobachter, die sie wegen ihres Mangels an Regierungserfahrung bisher belächelten, nicht aber die vielen Anhänger, die die Römerin im zähen Wahlkampf gewonnen hat. Raggi hat Charisma und vor allem keine politische Vergangenheit. Gerade damit punktete sie bei den von den Traditionsparteien schwer enttäuschten römischen Wählern.

"Rom normalisieren"

Auf ganz andere Art und Weise als die alten politischen Eliten will Virginia Raggi Rom regieren, jetzt wo sie den Einzug ins Kapitol, in ein Büro mit Traumblick auf das Forum Romanum, geschafft hat. Das Wahlprogramm der aus einer bürgerlichen Familie stammenden Raggi ist eine unideologische Mischung aus Umwelt- und Sozialpolitik, Kampf gegen Korruption und für mehr Effizienz in der öffentlichen Verwaltung, was Wähler sowohl aus dem rechten, als auch aus dem linken Lager anspricht. Die gebürtige Römerin will den öffentlichen Nahverkehr fördern, extra Busspuren und das kostenlose Fahrradleihsystem wieder einführen und sich um den personellen Notstand in der Verwaltung kümmern. "Raggi muss Rom nach Jahren der Misswirtschaft endlich normalisieren und es in eine europäische Hauptstadt umwandeln. Heute ähnelt Rom in vielem einer nordafrikanischen Stadt", kommentierten politische Beobachter am Montag.

Im Wahlkampf sprach sich Raggi klar gegen eine Bewerbung Roms für die Olympischen Spiele 2024 aus. Es sei geradezu "kriminell", enorme Geldsummen für ein Sportevent auszugeben, "wenn Rom unter dem Verkehr und Schlaglöchern zusammenbricht", hatte sie erklärt. Damit zog sie sich herbe Kritik seitens etablierter Lobbys zu, die sich von der Austragung der Olympischen Spiele in der Ewigen Stadt Millionenaufträge und -gewinne erhoffen.

Bedeutender Schub für Fünf-Sterne-Bewegung

Raggis Triumph in Rom ist ein neues Kapitel in der Geschichte der 2009 gegründeten Fünf-Sterne-Bewegung und ein bedeutender Schub in Richtung Etablierung der Partei, die als Protestbewegung gegen das Establishment entstanden ist. Auch in Turin konnte sich die Kandidatin der Grillo-Bewegung, Chiara Appendino, gegen den PD-Bürgermeister Piero Fassino durchsetzen. Die Grillo-Partei kann jetzt in Rom und Turin ihre Regierungsfähigkeit, an der ihre Kritiker stark zweifeln, unter Beweis stellen. Für die Protestbewegung ist dies eine präzedenzlose Chance, das Fünf Sterne-Programm umzusetzen, auf das sich die Bewegung stützt, und das Umwelt, Wasser, Entwicklung, Online-Konnektivität und Transportwesen in den Mittelpunkt stellt. Ob die Gruppierung den Sprung von der Protestbewegung zur Regierungskraft schafft, steht noch offen.

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