Briten-Deal als rechtliche Gratwanderung

Britische Flagge vor der EU-Kommission in Brüssel
Die Einbindung der nationalen Parlamente soll möglichst umgangen werden.

Vor dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag in Brüssel stellt sich nicht nur die Frage, was mit dem britischen Premierminister David Cameron vereinbart werden soll. Es geht auch um das Wie.

Man steht vor der Gratwanderung, eine Vereinbarung zu treffen, die ein Mindestmaß an Verbindlichkeit hat – und gleichzeitig möglichst wenig Absegnung in den Mitgliedsstaaten bedarf.

Der Plan, der in Brüssel und in den Hauptstädten geschmiedet wurde: Am Donnerstag soll es mit Cameron eine überwiegend politische Einigung geben. Eine "völkerrechtliche Entscheidung", wie ein Verhandler sagt: Man verpflichtet sich zu einem gemeinsamen Verhalten. Dieses Vorgehen habe eine "gewisse Rechtsverbindlichkeit", heißt es und sei höher zu werten als etwa die Schlussfolgerungen, die bei jedem Gipfel verabschiedet werden.

"Ja" als Vorbedingung

Bei dem Donnerstags-Deal handle es sich aber nicht um einen völkerrechtlichen Vertrag – diesem müsste in Österreich das Parlament zustimmen. Kanzler Werner Faymann & Co. handeln formal auch nicht als Rat – also als Organ der EU – sondern in ihren Einzel-Funktionen als Staats- und Regierungschefs – damit müssen sie sich zunächst auf EU-Ebene von niemandem Zustimmung holen.

Der nächste Schritt, bevor die vereinbarten Veränderungen (siehe Artikel oben) umgesetzt werden, muss auf britischer Seite eine Bedingung erfolgen: Das Referendum muss mit einem "Ja" zum Verbleib in der Union enden.

Sobald klar ist, dass die Briten EU-Mitglied bleiben, soll dann die EU-Kommission einen Vorschlag machen, wie die versprochenen Reformen genau umgesetzt werden. Hier will man wie bei einem "normalen" Gesetz vorgehen: Neben dem Rat der Regierungschefs soll auch das EU-Parlament abstimmen.

Hier ist man bestrebt, sich auf die Änderung von Richtlinien und Verordnungen zu beschränken. Denn bei einer "ordentliche Vertragsänderung", erklärt Europarechtsexperte Walter Obwexer von der Uni Innsbruck, "wäre es aussichtslos, das in wenigen Monaten durchzusetzen". Dazu bräuchte es neben einer Regierungskonferenz die Zustimmung aller nationalen Parlamente – und in Irland gar eine Volksabstimmung. Zeitrahmen: "Mindestens zwei Jahre", sagt Obwexer.

Auch im "vereinfachten Verfahren" dauert eine Vertragsänderung wohl mindestens ein halbes Jahr – hier wäre in Österreich eine Zweidrittel-Mehrheit im Nationalrat vonnöten.

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