Brasilien: Dilma Rousseff suspendiert

Mehrheit im Senat. Kabinett ohne Beteiligung von Rousseff-Partei geplant. Amtsenthebung wird binnen 180 Tagen entschieden.

Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff muss ihr Amt vorläufig abgeben. Der brasilianische Senat stimmte am Donnerstag mit 55 zu 22 Stimmen für eine Suspendierung von zunächst 180 Tagen, um mögliche Amtsverfehlungen Rousseffs juristisch untersuchen zu lassen.

Brasilien: Dilma Rousseff suspendiert
The final score of a Senate vote with an overwhelming 55-22 on suspending Brasilian President Dilma Rousseff and launching an impeachment trial is pictured on a large screen inside the Senate in Brasilia on May 12, 2016. Brazilian President Dilma Rousseff was suspended on May 12 to face impeachment, ceding power to her vice-president-turned-enemy Michel Temer in a political earthquake ending 13 years of leftist rule over Latin America's biggest nation. / AFP PHOTO / EVARISTO SA

In der Zeit der halbjährigen Suspendierung sollen mögliche Verfehlungen wie die Verschleierung der wahren Budgetlage und nicht autorisierte Kreditvergaben juristisch geprüft werden. Im Herbst könnte Rousseff dann endgültig des Amtes enthoben werden.

Weiteres Prozedere

Vizepräsident Michel Temer will noch am Donnerstag das Amt übernehmen und sein Kabinett vorstellen. Temer will ein Kabinett ohne Beteiligung der seit 2003 regierenden Arbeiterpartei bilden. Er wird nun auch die Olympischen Spiele am 5. August in Rio de Janeiro eröffnen.

Rousseff: "Putsch"

Rousseff weist die Vorwürfe zurück und spricht von einem "Putsch". Sie sei bis zum 31. Dezember 2018 gewählt, einen Rücktritt schließt sie aus. Nach Prüfung der Vorwürfe unter Beteiligung des Obersten Gerichtshofs muss der Senat - dieses Mal mit Zweidrittelmehrheit - über eine endgültige Amtsenthebung entscheiden. Wird sie verfehlt, würde Rousseff wieder zurückkehren.

Weniger Volksnähe als Vorgänger Lula da Silva

Rousseff, seit 2011 an der Macht, war zuletzt eine Präsidentin ohne Fortune, mitunter aufbrausend, mit weniger Volksnähe und Charisma als ihr Vorgänger Luiz Inacio Lula da Silva. In dessen Amtszeit wuchs die Wirtschaft kräftig, auch dank der sprudelnden Öleinnahmen. Rund 40 Millionen Menschen seien dank Sozialprogrammen und Mindestlöhnen aus der Armut befreit worden, betont Rousseff. Nun ist das Land in einer tiefen Rezession, ein Korruptionsskandal aus Lulas Amtszeit hat Rousseff eingeholt, sie war damals Aufsichtsratschefin des im Fokus stehenden Petrobras-Konzerns. Über elf Millionen Brasilianer sind arbeitslos.

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