Tschechischer Premier Necas tritt zurück

Czech Republic's Prime Minister Petr Necas (C) announces his resignation at a news conference at the government headquarters in Prague June 16, 2013. Necas was forced to quit on Sunday by a graft and spying scandal involving his closest aide, pitching the European Union member state into a period of uncertainty over who would form the next government. REUTERS/Stringer (CZECH REPUBLIC - Tags: POLITICS TPX IMAGES OF THE DAY)
Der politische Druck wurde zu groß. Die tschechische Polizei hatte am Donnerstag Vertraute und Parteifreunde festgenommen.

Der Augenblick ist gekommen, und ich übernehme die volle politische Verantwortung.“ Mit diesen Worten beendete der tschechische Premier Petr Necas, 48, seine politische Karriere. Heute wird der Konservative sowohl vom Posten des Regierungschefs als auch als Vorsitzender der Demokratischen Bürgerpartei ODS zurücktreten. Der Abgang hatte sich in bereits in den vergangenen Tagen abgezeichnet. Necas war wegen einer Abhör- und Korruptionsaffäre massiv unter Druck geraten.

Polizei-Razzien

In der Vorwoche hatte die Polizei in einer in der Geschichte der Tschechischen Republik noch nie dagewesenen Form durchgegriffen. Hunderte Einsatzkräfte durchsuchten den Sitz der Regierung in Prag, das Verteidigungsministerium, 31 Wohnungen (darunter die Bleibe des Premiers sowie seiner Kabinettschefin, die wie andere festgenommen wurde), einige Firmenzentralen, die Kommerzbank, die Direktion der staatlichen Forstbetriebe sowie eine Kunstgalerie.

„Ursprünglich hatten wir eine kriminelle Gruppe im Visier, die sich durch gute Beziehungen zu staatlichen und halbstaatlichen Organisationen bereichert hat“, sagte der Chef der Sondereinheit zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität. „In der Kommerzbank wurden verdächtige 120 bis 150 Millionen Kronen (4,7 bis 5,8 Mio. Euro) sowie mehrere Dutzend Kilo Gold sichergestellt.“

Schon bald war klar, dass die Fäden bis in höchste politische Kreise führen. Die Spitze soll im Büro des Premierministers angesiedelt gewesen sein. Seine Kabinettschefin Jana Nagyova ist bereits angeklagt. Mit ihr soll Necas laut Gerüchten ein Verhältnis haben, weswegen er die Scheidung von seiner Ehefrau beantragt hat.

Rivalin beschattet

Nagyova wird vorgeworfen, ihre Kompetenzen überschritten zu haben: Sie soll gesetzwidrig den militärischen Geheimdienst beauftragt haben, unter anderem die Ehefrau des Premierministers zu beschatten. Außerdem soll Nagyova rebellierende Abgeordnete mit hohen Geldsummen ruhig gestellt haben. Angeklagt wurden auch zwei Parlamentarier und zwei ehemalige Abgeordnete der regierenden ODS sowie der ehemalige als auch der amtierende Chef des Militärgeheimdienstes.

Weitere Politiker stehen unter Verdacht, auch zwei einflussreiche Oligarchen kamen ins Visier der Ermittler. Ihre Wohnungen wurden durchsucht, sie selbst befanden sich aber im Ausland.

Da es sich bei den angeklagten Politikern ausschließlich um Parteifreunde von Necas handelt, hatte die Opposition dessen sofortigen Rücktritt und vorgezogene Neuwahlen gefordert. Ob es nun dazu kommt, hängt stark von Staatspräsident Milos Zeman ab.

Der ODS-Klub hatte dem Premier bis zuletzt das Vertrauen ausgesprochen. Auch Necas’ Koalitionspartner, die TOP 09 von Karel Schwarzenberg, hatte sich in Zurückhaltung geübt. Auf Anfrage des KURIER hatte es in der Vorwoche in seinem Büro geheißen, es seien noch zu wenige Fakten bestätigt.

Linksruck steht bevor

Bei etwaigen Neuwahlen dürfte es zu einem Linksruck in Tschechien kommen: Laut Umfragen führen die Sozialisten haushoch. Mit der stillen Unterstützung der Kommunisten könnten sie bequem regieren.

Mitte-rechts-Regierung in Tschechien

Bei den Wahlen 2010 gingen die Sozialdemokraten (CSSD) mit 22,1 Prozent als Sieger hervor, gefolgt von der Bürgerpartei (ODS) mit 20,2 Prozent und der TOP 09 von Karel Schwarzenberg mit 16,7 Prozent . Anstelle der erwarteten Links-Regierung begannen kurz nach der Wahl Gespräche zur Bildung einer Mitte-rechts-Regierung. Nachdem sich die Bildung einer stabilen Koalition aus ODS, TOP 09 und VV abgezeichnet hatte, ernannte Staatspräsident Vaclav Klaus den Vorsitzenden der ODS, Petr Necas, zum neuen Premier.

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