Berlusconi will „Addio“ nicht hören

Berlusconi will „Addio“ nicht hören
Senatsausschuss entschied für den Ausschluss des Ex-Premiers. Der aber bleibt stur.

Kein Weichen, kein Wanken: Silvio Berlusconi mimte Mittwochabend wieder einmal den Unerschütterlichen. Er sei fest entschlossen, in der Politik zu bleiben, ließ er per Videobotschaft in seinen TV-Sendern verkünden, egal, was über ihn entschieden werde.

Die Chancen einer Demütigung durch den römischen Senat zu entgehen, sind tatsächlich gering. Schon Mittwochnacht entschieden die 23 Senatoren des Immunitätsausschusses wie erwartet klar für seinen Ausschluss aus der Parlamentskammer. Eine vorerst nur symbolische Entscheidung, die aber den weiteren Fortgang des Ausschlussverfahrens maßgeblich beeinflussen dürfte. Schon im Vorfeld hatte die Mehrheit der Senatoren ihre Haltung deutlich gemacht.

Ihr Votum bedeutet noch nicht den endgültigen Rauswurf jenes Politikers, der in den vergangenen zwanzig Jahren Italiens Politik am meisten prägte. Erst muss auch noch der ganze Senat abstimmen, was voraussichtlich Mitte Oktober geschehen wird. Doch allein mit einem symbolischen Ausschluss durch den Senatsausschuss hätte der Cavaliere eine schwere Niederlage zu schlucken. Der Ausschuss bezieht sich auf ein relativ neues Antikorruptionsgesetz: Demnach soll jedem Politiker, der zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt wird, das Recht auf ein Mandat entzogen werden.

Paradefall

Seit 1. August ist der Ex-Premier, Milliardär und Lebemann eine Paradefall für dieses Gesetz. Nach zahllosen Gerichtsverfahren gegen Berlusconi wurde er im Sommer erstmals rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung zu vier Jahren Haft verurteilt. Keinen einzigen Tag davon wird er tatsächlich hinter Gittern verbringen müssen. Wegen einer früheren Amnestieregelung kann er sich zwischen einem Jahr Hausarrest oder freiwilliger sozialer Arbeit entscheiden. Gegen beides aber kämpfen der Cavaliere und eine Armee der besten Anwälte des Landes an – und hoffen immer noch auf eine Amnestie durch Staatspräsident Napolitano.

Was Berlusconi aber gar nicht will, ist ein Rauswurf aus der Politik. Ein endgültiger Ausschluss aus dem Senat wäre für den ehemaligen Ministerpräsidenten der erste, unumkehrbare Schritt ins politische Aus.

Amtsverbot

Unabhängig davon wird Ende Oktober ein Mailänder Gericht nochmals über die Dauer eines Amtsverbotes für ihn entscheiden. Eine ursprünglich in zweiter Instanz verhängte Strafe, Berlusconi für fünf Jahre das Recht auf politische Tätigkeit zu entziehen, hatte das Oberste Gericht zurückgewiesen. Das nun erwartete Urteil könnte zwischen einem und drei Jahren Amtsverbot betragen.

Doch es wäre nicht der stets von seiner Unschuld überzeugte Selfmademilliardär, der sich von einer linken „Richterguerrilla“ verfolgt sieht, würde er sich nicht mit allen Mitteln wehren. Beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte reichten seine Anwälte Klage ein. Und dem sozialdemokratischen Regierungschef Enrico Letta drohten Berlusconi und seine Parteigänger, man werde der Koalitionsregierung die Unterstützung entziehen. Letta beschwört indessen die PdL: Egal, wie das Votum des Senats ausgehe, müsse die Regierung im krisengeschüttelten Italien weiterarbeiten: „Ich bin sicher, dass die PdL das entscheiden wird, was das Beste ist.“

Kurz vor der Entscheidung des Senatsausschusses vollzog Berlusconi plötzlich eine Wende: Er werde die Regierung Letta nicht stürzen, versprach er. Das hat wohl mit seinen neuesten Plänen zu tun: Seine PdL will er wieder in „Forza Italia“ umbenennen und offenbar mit ihr nochmals neu durchstarten. Dass ihm Senat und ein Mailänder Gericht dabei einen Strich durch die Rechnung machen könnten, nimmt der Cavaliere dabei in alter Tradition nicht zur Kenntnis.

Silvio Berlusconis Liaison mit dem Gericht:

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SILVIO BERLUSCONI SITS IN COURT
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ITALY-POLITICS
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Leader of Forza Italia party Berlusconi arrives to

Fast zwanzig Jahre lang schien Ex-Premier Silvio Berlusconi trotz seiner zahlreichen Prozesse juristisch nahezu unantastbar, nun aber scheint sich das Blatt endgültig gewendet zu haben:

Am Dienstag bestätigte Italiens oberstes Berufungsgericht das Urteil eines Mailänder Gerichtes gegen Berlusconis Familienunternehmen Fininvest. Demnach ist Fininvest verpflichtet, rund 541 Millionen Euro an den Konkurrenten CIR zu zahlen. Der Einschätzung der Richter zufolge hatte Fininvest 1991 in einem Übernahmekampf um das Verlagshaus Mondadori einen Richter bestochen und sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil verschafft.

Im vergangenen August wurde der 77-Jährige zum ersten Mal nach insgesamt zwölf Verfahren gegen ihn rechtskräftig verurteilt. In dritter Instanz war er wegen Steuerhinterziehung zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Als erwiesen gilt demnach, dass der milliardenschwere Unternehmer vor seinem Eintritt in die Politik in seinem Unternehmen ein ausgetüfteltes System von Briefkastenfirmen erfand, um beim Handel mit Filmrechten Steuern zu hinterziehen.

Als dritte Niederlage vor Gericht gilt die erstinstanzliche Verurteilung im Ruby-Prozess. Für Sex mit der damals Minderjährigen „Ruby Rubacuori“ und wegen Amtsmissbrauchs wurde er zu sieben Jahren Haft verurteilt. Dazu erhielt er ein lebenslanges Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden. Seine Anwälte legten sofort Berufung ein.

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