Berlin: Türkischer Botschafter ins Auswärtige Amt zitiert

Sigmar Gabriel wird seinen Urlaub wegen des Falls unterbrechen.
Deutsche Regierung fordert Freilassung von Menschenrechtsaktivist Steudtner. Gegen ihn war am Dienstag zusammen mit vier türkischen und einem schwedischen Menschenrechtsaktivisten Untersuchungshaft verhängt worden.

Wegen der Verhaftung des deutschen Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner in der Türkei hat das Auswärtige Amt am Mittwoch den türkischen Botschafter in Berlin in das Ministerium zitiert. Außenamtssprecher Martin Schäfer sagte, es sei notwendig, dass die türkische Regierung die "glasklaren Ansagen" der Bundesregierung "ohne Umwege" und "unmissverständlich" erhalte.

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) unterbreche wegen des Falls seinen Urlaub und kehre nach Berlin zurück. Gegen Steudtner war am Dienstag zusammen mit vier türkischen und einem schwedischen Menschenrechtsaktivisten Untersuchungshaft verhängt worden. Sie hatten in der Türkei an einem Seminar teilgenommen, bei dem Steudtner und sein schwedischer Kollege die Trainer waren. Den Inhaftierten wird "Terrorunterstützung" vorgeworfen.

Terrorvorwürfe "an den Haaren herbeigezogen"

Schäfer sagte, dass der türkische Botschafter am Mittwochmorgen auf Weisung Gabriels ins Auswärtige Amt zitiert worden sei. In dem gut einstündigen Gespräch sei deutlich gemacht worden, dass die deutsche Bundesregierung die unverzügliche Freilassung von Steudtner fordere. Die Vorwürfe über Verbindungen zu terroristischen Organisationen seien offensichtlich "an den Haaren herbeigezogen".

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Gabriel wird sich den Angaben zufolge nach der Unterbrechung seines Urlaubs voraussichtlich am Donnerstag öffentlich zu dem Fall äußern. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im ständigen Kontakt mit dem Außenministerium stehe.

Schulz fordert härtere Gangart gegen Erdogan

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat von EU und deutscher Bundesregierung ein schärferes Vorgehen gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gefordert. "Deutsche Staatsbürger laufen in der Türkei Gefahr, zu Geiseln der Politik von Präsident Erdogan zu werden", sagte der SPD-Vorsitzende der "Bild"-Zeitung (Donnerstagsausgabe).

Erdogan sei zwar nicht die Türkei. Die deutsche Bundesregierung mit der Kanzlerin Merkel an der Spitze dürfe die Zustände in dem Land aber "nicht einfach achselzuckend zu Kenntnis nehmen". Sie müsse alle Maßnahmen ergreifen, um deutsche Staatsbürger zu schützen. Schulz forderte auch Konsequenzen für das Verhältnis der EU zur Türkei. Es mache "in dieser dramatischen Situation keinen Sinn, mit der Türkei weiter über die Ausweitung der Zollunion mit der EU zu reden". Aus Brüssel sollten auch keine Mittel zur Vorbereitung des EU-Beitritts nach Ankara fließen.

Merkel: "Ungerechtfertigt"

Merkel hatte die Inhaftierung Steudtners zuvor als "ungerechtfertigt" verurteilt. "Wir erklären uns mit ihm und den anderen Verhafteten solidarisch, und wir werden seitens der Bundesregierung auf allen Ebenen alles tun, um seine Freilassung zu erwirken", sagte die Kanzlerin am Dienstagabend in einer Rede im brandenburgischen Grünheide.

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