Jetzt ist es fix: Ungarns Regierungspartei Fidesz verlässt die EVP

Jetzt ist es fix: Ungarns Regierungspartei Fidesz verlässt die EVP
Jahrelang stritt sich Ungarns starker Mann Orban mit der christdemokratischen Parteienfamilie. Nun änderte die EVP-Fraktion ihre Geschäftsordnung, um eine Suspendierung der Ungarn einzuleiten. Orbans Gegenzug ließ nicht lange auf sich warten.

Die Abgeordneten der ungarischen Fidesz-Partei verlassen die Fraktion der bürgerlichen Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament. Dies teilte der ungarische Ministerpräsident und Fidesz-Vorsitzende Viktor Orban am Mittwoch in einem Schreiben an EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) mit.

"Ich informiere Sie hiermit, dass die Fidesz-Europaabgeordneten ihre Mitgliedschaft in der EVP-Fraktion beenden", teilte der ungarische Ministerpräsident und Fidesz-Vorsitzende Viktor Orban am Mittwoch in einem Schreiben an EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) mit. Den Brief veröffentlichte die Fidesz-Vizevorsitzende Katalin Novak auf ihrem Twitter-Account.

Unmittelbar davor hatte die EVP-Fraktion in einer Online-Sitzung mit der nötigen Mehrheit für eine Änderung der Geschäftsordnung gestimmt, die eine generelle Suspendierung der Mitgliedschaft der Fidesz-Gruppe in der Fraktion ermöglicht hätte.

12 Abgeordnete werden abgezogen

Orban hatte bereits am letzten Sonntag in einem Brief an Weber damit gedroht, die Fidesz-Abgeordneten aus der Fraktion zurückzuziehen, falls die Fraktion die Änderung der Geschäftsordnung billigen sollte. Mit dem Austritt der Fidesz-Abgeordneten kam Orban einer Abstimmung über die Suspendierung der Fidesz-Gruppe zuvor, die wohl bald auf die Tagesordnung gesetzt worden wäre.

Die Beendigung der Fidesz-Mitgliedschaft in der EVP-Fraktion setzt einen Schlusspunkt unter den jahrelangen Streit, den der rechtsnationale Orban mit den europäischen Christdemokraten ausfocht, denen auch CDU und CSU angehören. Auf Parteiebene ist die Mitgliedschaft des Fidesz in der EVP bereits seit 2019 suspendiert, unter anderem wegen mutmaßlicher Verstöße gegen EU-Grundwerte sowie wegen Verbalattacken gegen den damaligen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker.

Die EVP bildet mit 187 Abgeordneten die größte Fraktion im Europaparlament, in der Fidesz mit zwölf Abgeordneten vertreten ist. Die Abgeordneten werden nun abgezogen. Zur Fraktion gehörten die Fidesz-Abgeordneten bis zu ihrem Austritt am Mittwoch weiter. Der nun vollzogene Bruch bedeutet auch eine Zäsur für EVP-Fraktionschef Weber, der lange zu vermitteln versuchte, zuletzt aber in scharfen Konflikt mit Orban geriet. Denkbar wäre in weiterer Folge ein Wechsel der Fidesz-Abgeordneten zur rechtsnationalen EKR oder zur noch weiter rechts stehenden Gruppe ID im Parlament. Beides würde die Rechte stärken. Die EVP bliebe aber stärkste Fraktion.

"Erpressung"

Der österreichische Abgeordnete Othmar Karas hatte im Vorfeld trotz Orbans Austrittsdrohung gefordert, die Geschäftsordnung wie geplant zu ändern. „Wir dürfen aus Haltungsgründen, aus Glaubwürdigkeitsgründen nicht vor einer derartigen Politik in die Knie gehen“, sagte der ÖVP-Politiker und Vizepräsident des EU-Parlaments. Der Fidesz habe keinerlei Anstalten gemacht, sich zu verändern. „Wir werden nicht zulassen, dass Orban jetzt wieder mit Erpressung erfolgreich ist.“ Ähnlich äußerten sich Vertreter der nordischen und baltischen EVP-Parteien.

Politisch bedeutsam ist, zu welcher Fraktion der Fidesz wechseln wird. Die Ungarn könnten die rechtsnationale EKR stärken, in der die polnische PiS sitzt, oder die stramm rechte Fraktion ID, zu der AfD und italienische Lega gehören.

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