Anschlag auf dem Sinai: Spur deutet auf den IS

Die al-Rawda-Moschee im Norden der Sinai-Halbinsel
Mehr als 300 Menschen starben bei dem schlimmsten Anschlag, den Ägypten in der jüngeren Geschichte erlebt hat.

Die ägyptischen Streitkräfte haben ihre Offensive gegen mutmaßliche Islamisten auf der Sinai-Halbinsel nach dem Anschlag vom Freitag das gesamte Wochenende über fortgesetzt. Unmittelbar nach dem schlimmsten Anschlag der jüngeren Geschichte in Ägypten seien Fahrzeuge, Verstecke und Waffenlager von Verdächtigen mit Luftangriffen zerstört worden, teilte der Sprecher der Streitkräfte mit.

Etwa 25 bis 30 Angreifer hatten nach Angaben der Staatsanwaltschaft die Moschee eines Sufi-Ordens nahe der Stadt Bir al-Abed im Norden der unruhigen Sinai-Halbinsel angegriffen. Dabei starben mindestens 305 Menschen; 128 Personen seien verletzt worden, berichtete das ägyptische Staatsfernsehen unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft.

Sprengsätze und Schüsse

Wie es aus Sicherheitskreisen hieß, griffen die Attentäter die Moschee mit Sprengsätzen an und feuerten dann auf Flüchtende. Der Angriff ereignete sich während des Freitagsgebetes, zu dem sich Hunderte Gläubige in der Moschee versammelt hatten.

Die Angreifer sollen nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Flaggen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bei sich getragen haben. Ein Ableger der dschihadistischen Gruppe hatte in der Vergangenheit immer wieder Anschläge auf dem Sinai verübt, vor allem gegen Sicherheitskräfte. Im vergangenen Jahr reklamierte die Gruppe aber auch Anschläge auf die koptische Minderheit unter anderem in Kairo und Alexandria für sich. Ein Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida, das in Konkurrenz zum IS in Ägypten steht, distanzierte sich unmittelbar nach dem Anschlag auf die Moschee von dem "Massaker".

Sufis für IS "Abtrünnige"

In ägyptischen Medien wird darüber spekuliert, ob der Angriff auf die Al-Rawdah-Moschee Mitgliedern eines Stammes galt, der in dem Dorf lebt und mit den Sicherheitskräften zusammenarbeiten soll, oder ob sich der Angriff gezielt gegen die muslimische Strömung der Sufis richtete. Die IS-Terroristen sehen die Sufis und ihre mystische Auslegung des Islams als "abtrünnig" an.

Staatspräsident Abdel Fattah al-Sisi kündigte nach dem Angriff eine "harte Antwort" an, die Regierung rief eine dreitägige Staatstrauer aus. Zahlreiche Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Welt bezeugten nach dem Anschlag ihre Solidarität mit Ägypten. Die EU sicherte dem nordafrikanischen Land Beistand zu.

Papst betet für Opfer

Aus Solidarität mit den Opfern läuteten am Samstagmittag die Glocken der koptischen Kirchen in Ägypten. Papst Franziskus sagte beim Angelus-Gebet am Sonntag, dass er weiter für die Opfer und die ganze Gemeinschaft bete.

Nach dem Militärputsch gegen den aus der Muslimbruderschaft stammenden Präsidenten Mohammed Mursi im Juli 2013 hatte sich die Sicherheitssituation auf dem Sinai dramatisch verschlechtert. Immer wieder kommt es zu Anschlägen. Teile des Nordens der Halbinsel sind militärisches Sperrgebiet. Das Militär geht mit Panzern, Hubschraubern und Kampfflugzeugen gegen islamistische Gruppen vor. Menschenrechtler kritisieren, dass durch das rücksichtslose Vorgehen der Armee auch immer wieder unschuldige Zivilisten zu Opfern werden.

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