EU-Kommissar rechnet mit neuer Flüchtlingswelle

Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos
Sinken der Ankünfte könnte nur Momentaufnahme sein. Die NGOs rief EU-Innenkommissar Avramopoulos zur Unterzeichnung des Verhaltenskodex auf.

EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos warnt Italien vor einer neuen Flüchtlingswelle. "Die Zahl der Ankünfte ist seit Juli zwar gesunken und das ist eine gute Nachricht, das ist jedoch nicht die Zeit, um schon Schlüsse zu ziehen. Viele Menschen warten noch auf die Abfahrt und es ist sehr wahrscheinlich, dass es bald zu einer neuen Welle von Ankünften kommt", so Avramopoulos.

Die Einrichtung von Hotspots unter Aufsicht des UN-Flüchtlingswerks UNHCR in Libyen sei zurzeit nicht möglich. "Wir müssen die bereits bestehenden Flüchtlingseinrichtungen vor Ort koordinieren", meinte Avramopoulos im Interview mit der italienischen Tageszeitung La Stampa. Wichtig sei, den Dialog mit den Libyern zu fördern.

Europa müsse die Kooperation mit Libyen und den afrikanischen Herkunftsländern der Migranten unterstützen. "Die Kontakte sind mit Ägypten und Algerien produktiv, die Bereitschaft zur Zusammenarbeit bewiesen haben. Viele Menschen wollen nach Europa fahren. Nur eine kollektive Zusammenarbeit kann diesen Flüchtlingsstrom stoppen", so der EU-Kommissar.

Lob für NGO-Verhaltenskodex

Avramopoulos lobte auch den Verhaltenskodex der italienischen Regierung für bei der Flüchtlingsrettung engagierte NGOs. "Wir müssen für die Arbeit der NGOs dankbar sein, die viele Menschenleben gerettet haben", so der EU-Kommissar.

Er bedauere jedoch, dass viele Hilfsorganisationen den Verhaltenskodex nicht unterzeichnet haben. Dieser sei nicht gedacht, um die Einsätze der NOGs zu erschweren, sondern um volle Transparenz um ihre Arbeit zu sichern.

Premier verteidigt Verhaltenskodex

Zuvor hatte bereits der italienische Premier Paolo Gentiloni den von seiner Regierung entworfenen Verhaltenskodex verteidigt. "Der Verhaltenskodex für NGOs ist ein wesentlicher Teil einer Strategie zur Bewältigung des Flüchtlingsnotstands. Diese Strategie, die auch die Zusammenarbeit mi den libyschen Behörden vorsieht, zeigt allmählich Resultate", sagte Gentiloni.

"Die Migrantenströme nach Italien reduzieren sich. Der Staat siegt, die Schlepper verlieren", kommentierte Gentiloni in einem Interview mit dem Staatsfernsehen RAI am Dienstagabend. Er verteidigte somit die Arbeit von Innenminister Marco Minniti, der in der Regierung wegen des Verhaltenskodex kritisiert worden war.

Minniti betonte, dass weitere NGOs bald den Regelkatalog unterzeichnen werden, nachdem Proactiva Open Arms und SOS Mediterranee dem Verhaltenskodex zugestimmt hatten. Diese war zuvor von MOAS, Save the Children und der deutschen Sea Eye unterzeichnet worden. Ärzte ohne Grenzen (MSF) und die deutsche NGO Jugend Rettet, gegen die wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung ermittelt wird, weigern sich weiterhin, den Verhaltenskatalog zu unterzeichnen.

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