Gesetzesentwurf: Auschwitz soll nicht mehr als "polnisches KZ" bezeichnet werden dürfen

Um das Andenken des Landes zu schützen, will die Regierung die Bezeichnung nun unter Strafe stellen. Es drohen bis zu drei Jahre Haft.
  • Ein neues Gesetz soll die Bezeichnung "polnisches Vernichtungslager" unter Strafe stellen.
  • Im schlimmsten Fall drohen bis zu drei Jahre Haft.
  • Die polnische Regierung will damit das Ansehen des Landes schützen.
  • Kritiker bemängeln, dass es sich um reine Symbolpolitik handelt und vermuten einen anderen Hintergrund: Die eigene Geschichtsaufarbeitung Polens könnte so in den Hintergrund treten.

50 Kilometer westlich von Krakau, unweit der tschechichen Grenze, liegt das unscheinbare Städtchen Oświęcim. 40.000 Menschen leben heute hier. Die Schrecken der Vergangenheit haben Oświęcim, deutsch: Auschwitz, aber noch immer fest im Griff.

Auschwitz steht wie kein zweiter Ort für den Holocaust. Hier errichteten die Nazis ihr größtes Vernichtungslager. Hier starben mehr als eine Million Menschen, wurden systematisch vergast, erschossen oder durch Unterernährung dahingerafft.

Dass es sich dabei um ein "polnisches Vernichtungslager" handle, wäre da bestenfalls im geografischen Sinn als richtige Bezeichnung zu werten. Die polnische Regierung in Warschau geht nun aber ganz sicher – und will diese Bezeichnung in einem neuen Gesetz ausdrücklich verbieten.

Bis zu drei Jahre Haft

Wer Auschwitz und andere von den Nationalsozialisten eingerichtete Konzentrationslager (KZ) künftig als "polnische Vernichtungslager" bezeichnet, muss im schlimmsten Fall sogar mit einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren Haft rechnen. Eine entsprechende Gesetzesvorlage wurde am Dienstag von der Regierung angenommen und dürfte ohne Probleme das Parlament passieren.

Die polnische Regierung befürchtet, dass mit einer solchen Wortwahl vor allem die jüngere Generation auf der ganzen Welt Polen eine aktive Rolle in deutschen Konzentrationslagern zuschreiben könne. Tatsächlich hatte in der Vergangenheit selbst US-Präsident Barack Obama von "polnischen Vernichtungslagern" gesprochen.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden rund 5,5 Millionen Polen getötet, knapp drei Millionen davon waren Juden. "Es waren weder unsere Mütter noch unsere Väter, die für die Verbrechen des Holocaust verantwortlich waren, die von deutschen und Nazi-Verbrechern auf besetztem polnischen Territorium begangen wurden", zitiertSüddeutsche.de Justizminister Zbignew Ziobro.

Wie auch in Österreich und Deutschland ist es in Polen bereits eine Straftat, den Holocaust zu leugnen. Das neue Gesetz ist freilich nur in Polen selbst durchsetzbar. Davon, dass die polnische Justiz auch Personen im Ausland – die die Bezeichnung wohl am ehesten verwenden - verfolgen könnte, ist nicht auszugehen.

Heroische Aspekte im Vordergrund

Kritiker bemängeln daher, dass es sich um reine Symbolpolitik der Regierung von Ministerpräsidentin Beata Szydło handelt. Die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen im Land selbst könnte so in den Hintergrund treten.

Polen arbeitete zwar nie mit den Nazis zusammen, viele Polen riskierten ihr Leben, um Verfolgte zu retten. Die israelische Gedenkstätte Jad Vaschem erinnert deswegen an mehr als 6000 Polen als "Gerechte unter den Völkern" - mehr als aus jedem anderen Land. Aber es gab in Polens Bevölkerung auch einzelne Kollaborateure, die Juden umbrachten oder an die Deutschen verrieten. Auch nach der Nazi-Herrschaft kam es in Polen zu Progromen gegen Juden. In Kielce wurden 1946 40 polnische Juden ermordet.

Doch das laufe laut Spiegel Online der nationalistischen Deutungsweise der Regierung, die seit November 2015 von der rechtspopulistischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) gestellt wird, zuwider. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die heroischen Aspekte der polnischen Geschichte herauszustellen.

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