Anti-Islam-Film: Obama fürchtet lange Krise

Anti-Islam-Film: Obama fürchtet lange Krise
Hass auf USA - Washington zieht Botschaftspersonal aus Tunesien sowie dem Sudan ab und rechnet mit "unvorhersehbaren Folgen".

Die USA trauen der relative Ruhe nach der Welle an Protesten in der muslimischen Welt wegen eines Filmes, der den Islam verunglimpft, ganz offenkundig nicht. Das US-State-Department zog jetzt Konsequenz aus den gewalttätigen Demonstrationen der vergangenen Tage – und ordnete die sofortige Reduktion des Personals der US-Botschaften in Tunesien und dem Sudan an. Alle Angehörigen und nicht dringend benötigtes Botschaftspersonal würden evakuiert, hieß es. US-Bürgern wurde zudem abgeraten, sich in Tunesien oder dem Sudan aufzuhalten.

In Khartum hatten Hunderte Menschen die US-Botschaft gestürmt. Die USA werfen der sudanesischen Regierung vor, die diplomatische Vertretung nicht ausreichend geschützt zu haben und schickten zusätzliche Marineinfanteristen zum Schutz der Botschaft nach Khartum. Auch die deutsche Botschaft im Sudan war überrannt worden. Und auch das deutsche Außenamt kündigte für die Botschaft in Khartum eine Personalreduktion an. In Tunesien war zudem eine amerikanische Schule verwüstet worden.

Offenbar rechnet man in Washington mit einer länger anhaltenden Krise. Laut New York Times geht US-Präsident Barack Obama davon aus, dass die gewaltsamen Proteste, bei denen im libyschen Bengasi in der Vorwoche vier US-Diplomaten getötet wurden, zu einer "anhaltenden Krise mit unvorhersehbaren diplomatischen Folgen" führen könnten. Und eine Folge davon könnte laut der Zeitung sein, dass die USA dauerhaft ihre diplomatische Präsenz in der Region vermindern müssten.

Aufrufe zur Mäßigung

Dabei riefen am Sonntag zahlreiche einflussreiche Stimmen in der islamischen Welt zu einerBeruhigung der Lage auf. "Die Wut hat über den Verstand gesiegt", schrieb die ägyptische Zeitung Al-Shorouk. Der einflussreiche ägyptische Großscheich Ahmed al-Tajeb mahnte zur Ruhe und forderte eine UN-Resolution, die Blasphemie ächtet. Schließlich sei auch Antisemitismus von den Vereinten Nationen stets verurteilt worden. Und in Saudi-Arabien sagte der Vorsitzende des Obersten Rates der Religionsgelehrten, Großmufti Scheich Abdulasis bin Abdullah al-Scheich, wer seinem Zorn nachgebe, mache sich nur zum Erfüllungsgehilfen der Urheber des Hass-Videos.

Als solches dürfte der Film, der den Anlass des ganzen Tumults bildet, von Anfang an konzipiert gewesen sein. Der Prophet Mohammed wird darin als Frauenheld und Päderast dargestellt. Hinter dem Streifen stehen offenbar mehrere in den USA lebende Personen aus der rechtsextremen und fundamentalistisch-christlichen Szene.

Als Drahtzieher wird ein in Kalifornien lebender Kopte ägyptischer Abstammung vermutet. Auch die als konservativ-evangelikal und islamfeindlich bekannte Organisation Media for Christ soll an der Produktion beteiligt gewesen sein. Ihr gehört zum Beispiel Pastor Terry Jones an, der wegen der öffentlichen Verbrennung des Koran zu Bekanntheit gelangt war. Pikant an der Produktion: Der Regisseur war offensichtlich Alan Robers, der sich bisher durch seichte Action-Streifen und Schmuddel-Filmchen hervorgetan hatte – und durch Pornos.

Raketenangriffe auf Ägyptens Sicherheitskräfte

Bewaffnete Islamisten haben am Sonntag einen massiven Angriff auf das Hauptquartier der ägyptischen Sicherheitskräfte im Nord-Sinai lanciert, die Halbinsel grenzt an Israel. Die Gruppe feuerte auf den Posten nahe der Ortschaft Al-Arish mit Panzerabwehrraketen und automatischen Gewehren. Es entwickelte sich ein einstündiges Gefecht. Über mögliche Opfer gab es zunächst keine Angaben. Die Attacke dürfte weniger mit dem Anti-Islam-Film zu tun haben, sie dürfte eher ein Racheakt auf eine vorangegangene Offensive des ägyptischen Militärs gewesen sein.

Dieses hatte Anfang August einen großen Einsatz in der Region gestartet, nachdem bei einem Angriff auf ein Lager der Armee nahe der Grenzstadt Rafah – der südliche Übergang zum Gazastreifen – 16 ägyptische Grenzschützer getötet worden waren. Bei der Operation der Streitkräfte wurden 30 militante Kämpfer getötet. Laut dem Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel aus dem Jahr 1979 ist die Präsenz von ägyptischen Sicherheitskräften auf dem Sinai limitiert. Das Gebiet ist vorwiegend von Beduinenstämmen besiedelt und schwer zugänglich.

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