Angst vor Donald Trump = Angst vor Wladimir Putin

Trumps Drohung, dem Baltikum den Beistand zu verweigern, sorgt dort für Unsicherheit.

Was, wenn Trump gewinnt? "Russland wird dann sehr bald die Grenzen des außenpolitisch unerfahrenen Präsidenten austesten" fürchtet Jüri Luik, Direktor des estnischen "Internationalen Zentrums für Verteidigung und Sicherheit" (ICDS) diese Woche. Der Kreml könne den Immobilienmakler mit einer "brutalen Taktik" überforden.

Im Baltikum ist man derzeit von einem möglichen Wahlsieg Trumps wenig begeistert. Hat er doch den Bündnisfallparagrafen infrage gestellt, da er einen Beistand der USA von den Beiträgen der baltischen Mitgliedsländer abhängig machen will.

Zudem forderte er Russland dazu auf, weiter Cyberattacken gegen seine Konkurrentin Hillary Clinton zu reiten. Und mit Putin komme er, Trump, schon klar.

In Estland, Lettland und Litauen ist man jedoch überzeugt, mit Putin nicht klar zu kommen, gäbe es nicht die NATO-Mitgliedschaft. Der Beitrag zu dem Atlantik-Bündnis vor zwölf Jahren gilt als die existenzielle Sicherheitsgarantie vor einem Einmarsch des östlichen Nachbarn.

Die Reaktion der baltischen Präsidenten auf Trumps Vorstoß war darum vorsichtig. Estlands Präsident Tomas Hendrik Ilves verwies darauf, dass sein Land die vorgebenen zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts für die Verteidigung aufwende. Lettland (1,14 Prozent) und Litauen (1,04 Prozent) liegen jedoch darunter. Hier war man kleinlauter. Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite und ihr lettischer Kollege Raymond Vējonis gelobten, weiterhin auf die USA zu vertrauen und in naher Zukunft die verlangten zwei Prozent zu erreichen. Litauen will dies 2018 schaffen. Dort hat man bereits im Frühjahr die allgemeine Wehrpflicht eingeführt, in den Schulen sind Luftschutzübungen Pflicht.

Populistische Ansagen

Offener äußerten sich andere. "Trumps populistische Ansagen können teilweise wahrgemacht werden", sagte etwa Maris Gailis, Ex-Premier Lettlands. Auch in den litauischen Zeitungen liest man angstvolle Kommentare. Das Gros der litauischen Politiker versucht Trumps Spruch als Wahlkampfgetöse abzutun.

Neben Trump machte sich dessen Berater Newt Gingrich im Baltikum besonders unbeliebt, da er Estland als "Vorstadt von St. Petersburg" bezeichnet hatte. Dies gilt auch deshalb als erschreckend, da Gingrich lange als Befürworter der NATO-Erweiterung gewirkt hatte.

Allein der estnische nationalkonservative Oppositionspolitiker Mart Helme, der Ende der 90er-Jahre als Botschafter in Moskau wirkte, hält es mit Trump – er sei ehrlicher. Denn sowohl unter Clinton wie Trump könne es passieren, dass die Amerikaner nicht kommen, wenn es ihren Interessen zuwiderlaufe. Im Juli wurde auf dem Warschauer NATO-Gipfel ein Aufstocken von Truppen in den baltischen Ländern und Polen beschlossen. Russland hat nun im Gegenzug diese Woche jene Staaten sowie die neutralen Länder Finnland und Schweden zu Gesprächen über militärische Zusammenarbeit in Moskau eingeladen. Ob der Kreml durch Trumps Auftreten dazu ermutigt wurde, bleibt offen.

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