Demo-Motto: "Rühr meine Moschee nicht an"

Tatort Moschee in Eslov
Solidaritätswelle nach Anschlägen auf Moscheen und wachsender Fremdenfeindlichkeit.

Mehrere Hundert Herzen aus Papier hingen am Freitag an der Tür der Moschee in der Universitätsstadt Uppsala. Diese war am Neujahrsmorgen die dritte Moschee in Schweden gewesen, auf die seit 25. Dezember ein Brandanschlag verübt wurde. Beim ersten Anschlag in Ekilstuna bei Stockholm wurden fünf Menschen verletzt. Außer antiislamischer Schmierereien gab es kein Bekennerschreiben.

2014 hat es insgesamt 13 Angriffe auf Moscheen gegeben. Mats Löfving, Schwedens oberster Polizist, spricht von „möglicherweise „koordinierten Attacken“. Nun sollen die Moscheen von der Polizei bewacht werden. „Lieber spät als gar nicht“, so Mohammed Amin, Sprecher des 70.000 Mitglieder umfassenden „Islamischen Verbunds“, der um die Sicherheit der Muslime fürchtet. Über deren Zahl gibt es keine offiziellen Angaben. Rund eine halbe Million der 9,5 Mio. in Schweden lebenden Menschen haben Wurzeln in islamischen Ländern.

Die Attacken haben in Schweden, das für seine liberale Flüchtlingspolitik bekannt ist, ein großes Echo. In den drei Großstädten Stockholm, Malmö und Göteborg fanden gestern Solidaritätskundgebungen statt, 30 Organisationen haben sich unter dem Motto „Rühr meine Moschee nicht an“ zusammengefunden. „Niemand soll Angst haben, seine Religion auszuüben“, so der sozialdemokratische Premier Stefan Löfven, der die Tat scharf verurteilte.

Noch mehr Flüchtlinge

Weniger laut äußern sich die Schwedendemokraten. Die Oppositionspartei, die mit 13 Prozent der Stimmen im Reichstag vertreten ist, warnt offen vor einer „Islamisierung“ des Landes und einer zu großen Flüchtlingszahl. Anfang Dezember hat sie mit ihrem Abstimmungsverhalten die rot-grüne Minderheitsregierung zum Ausrufen von Neuwahlen bewegt, was Löfven in der letzten Woche wieder zurücknahm. Zu groß war die Angst vor einem weiteren Erstarken der Rechtspartei. Denn die Anzahl der Flüchtlinge wächst.

Wegen der Lage im Irak und in Syrien werde heuer mit 95.000 Flüchtlingen gerechnet, so das Migrationswerk. Die schwedische Behörde wurde daher im Dezember um 1000 Mitarbeiter vergrößert. Viele Gemeinden kommen jedoch mit der Aufnahme der Flüchtlinge nicht mehr zu Recht; erst am Freitag ging ein Hungerstreik von 30 syrischen Migranten zu Ende, die für eine bessere Unterbringung kämpften. Zudem sorgen Stadtteile mit hohem Migrantenanteil für negative Schlagzeilen, wie Rosengard in Malmö, wo im Dezember Sprengladungen hochgingen. Der Religionswissenschaftler Göran Larsson stellt ein zunehmendes Misstrauen gegenüber Muslimen fest, die er mit einer Debatte um Religionsfreiheit begegnen will.

Die Islamgegner machen allerdings weiter – in der Nacht auf Freitag wurden im südschwedischen Skillingaryd Steine in ein muslimisches Gebetshaus geworfen.

Rassismus im Einwanderungsland

80.000 Asylanträge 2014 Schweden galt lange als Land, das Einwanderer mit offenen Armen empfängt. Auch heute nimmt es doppelt so viele Flüchtlinge auf als die übrigen der 34 OECD-Länder. 2014 wurden rund 80.000 Asylanträge gestellt, knapp 30.000 davon von Syrern. Die Fremdenfeindlichkeit wächst: Die rechten Schwedendemokraten, die die Zuwanderung um bis zu 90 Prozent reduzieren wollen, wurden bei den Wahlen 2014 drittstärkste Kraft.

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