Gezi-Proteste: Polizeigewalt blieb straffrei

Verletzte Demonstranten nahe dem Taksim-Platz (Archivbild, Juni 2013).
Bericht: Gewalttätige Polizisten blieben unbestraft, während friedlichen Demonstranten der Prozess gemacht wird.

Ein Jahr nach den Gezi-Protesten stellt Amnesty International der türkischen Regierung ein vernichtendes Zeugnis aus: Gewalttätige Polizisten blieben weitgehend unbestraft, während friedlichen Demonstranten der Prozess gemacht wird. "Die Botschaft ist klar: Friedliche Demonstrationen werden nicht toleriert", kritisierte die Menschenrechtsorganisation am Dienstag bei der Vorstellung eines Berichts in Istanbul.

Mehr als 5500 Menschen drohe wegen Organisation, Teilnahme oder Unterstützung der Gezi-Proteste strafrechtliche Verfolgung. Dagegen seien trotz Hunderter Beschwerden nur neun Polizisten angeklagt worden.

Amnesty dokumentiert mit dem Bericht vor allem, dass Polizeigewalt in der Türkei weitgehend straflos bleibt, während tausende friedliche Demonstranten vom Staat zur Rechenschaft gezogen werden.

8000 Verletzte

Bis zum Juli 2013, als die Proteste abzuebben begannen, wurden mehr als 8000 Menschen verletzt, mindestens vier Menschen starben in direkter Folge von Polizeigewalt. Die Polizei, so Amnesty International, habe unverhältnismäßige Gewalt angewendet, sie habe mit Tränengas und Wasserwerfern auf Demonstranten geschossen und sei mit Schlagstöcken auf sie losgegangen. Während schonungslos gegen Demonstranten vorgegangen werde, genieße die Polizei "fast vollständige Straffreiheit", kritisierte Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty.

Nach offiziellen Angaben gab es in 79 von 81 Provinzen Proteste, etwa 3,5 Millionen Menschen nahmen daran teil. .

Menschrechtslage verschlechtert

In den vergangenen Tagen seien Demonstrationen zum Gezi-Jahrestag "verboten und rücksichtslos und brutal mit Tränengas, Wasserwerfern und Prügeln aufgelöst" worden. "Die Regierung muss den Kurs ändern, friedliche Proteste erlauben und Rechenschaft für Polizeiübergriffe sicherstellen." Die Menschenrechtslage in der Türkei habe sich insgesamt verschlechtert.

Die Proteste hatten sich an Regierungsplänen entzündet, den Gezi-Park in Istanbul zu bebauen. Ende Mai vergangenen Jahres schlugen sie in landesweite Proteste gegen die islamisch-konservative Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan um. Sie ebbten im Spätsommer zwar ab. Trotzdem flammen bis heute immer wieder Demonstrationen auf, gegen die die Polizei mit großer Härte vorgeht.

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