Am Gängelband Russlands

Georgien und Moldau fürchten Moskaus Widerstand gegen ihren EU-Kurs.

Fotografieren strengstens verboten. Doch wer an den Betonsperren vorbei die Brücke über den Fluss Dnjestr überquert, hat alle Zeit der Welt zu sehen, wer hier eigentlich gar nicht sein dürfte: russische Soldaten. Rauchend stehen sie da, beäugen jedes der selten passierenden Autos eher gelangweilt denn misstrauisch.

Es gibt nicht viel zu beobachten und patrouillieren an dieser östlichen Ecke Europas. Und in einem Staat, der von niemanden auf der Welt als solcher anerkannt wird. Nicht einmal Russland sieht das von der Republik Moldau (Moldawien) abtrünnige Transnistrien als eigenständiges Land an. Dafür hat Moskau die kleine Region aber umso fester im Griff – und mit ihr indirekt auch die ganze, sich in Richtung EU orientierende Republik Moldau.

Moskaus langer Arm

Am Gängelband Russlands
Was die Krim für die Ukraine zu werden droht, ist das schmale Transnistrien seit über 20 Jahren für Moldau: Ein de facto vom Staat abgetrenntes und von Moskau kontrolliertes Gebiet, zu dem die Zentralregierung keinen Millimeter Zugriff hat. Die Mehrheit der rund 500.000 Bewohner des bettelarmen Landstrichs sind ethnische Russen und möchten mit der Führung in Chisinau nichts zu tun haben.

Ähnlich wie der Konflikt um Transnistrien sind Georgiens vergebliche Kämpfe um die Regionen Südossetien und Abchasien späte Kollateralschäden des Zerfalls der Sowjetunion. Als die UdSSR 1991 zerbrach, hatten viele der Nachfolgestaaten große russische Minderheiten im Land – und die rebellierten sofort. So sagten sich die russischsprachigen Gebiete östlich des Djnestr von Moldau los, Russland schickte Soldaten und hat sie bis heute nicht wieder abgezogen. Über 2000 Mann sind in Transnistrien stationiert.

Auch die Russen in Abchasien und Südossetien wollten nicht in Georgien leben und spalteten sich mit russischer Hilfe ab. Der militärische Versuch Georgiens, das abtrünnige Südossetien mit Gewalt zurückzuholen, endete im August 2008 fatal: Russische Truppen marschierten in Georgien ein, eroberten Südossetien binnen weniger Tage zurück und errichteten einen südossetischen Staat mit Moskaus Gnaden – und mehreren Tausend Soldaten.

Wie nun die Ukraine stehen auch Moldau und Georgien ständig vor einer Zerreißprobe: Jedes Mal, wenn sich die Länder in Richtung EU bewegen, erhöht Moskau den Druck und droht, die Staaten endgültig zu spalten. Trotz des zunehmenden Grollens aus Moskau haben Moldau und Georgien es im November gewagt, ein Assoziierungsabkommen mit der EU zu paraphieren.

Doch spätestens seit Russlands jüngstem Vorpreschen auf der Krim, läuten auch in Tiflis und in Chisinau alle Alarmglocken: Eilig drängen beide Staaten die EU darauf, die Verträge möglichst schnell unter Dach und Fach zu bringen, bestenfalls bereits noch im Sommer.

Muskelspiele

Dass Moskau dem Westkurs seiner ehemaligen Einflussgebiete tatenlos zusehen wird, gilt als ausgeschlossen. Aus Georgien kamen dieser Tage bereits erste Berichte, wonach Russland seine Soldaten in Südossetien aufstockt und die Grenzen stärker befestigt.

Gegenüber Moldau, dem ärmsten Staat Europas, muss Moskau erst gar keine militärischen Muskeln spielen lassen. Das kleine Land ist bei seinen Gaslieferungen vollkommen von Russland abhängig, steckt bei Moskau tief in der Kreide und muss nicht zuletzt fürchten, dass seine Arbeitsmigranten aus Russland rausgeworfen werden.

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