Über 330 Menschen bei Gefechten getötet

Afghanische Sicherheitskräfte präsentieren die Waffen der bereits getöteten Taliban-Kämpfer.
Zudem endet der internationale Kampfeinsatz der NATO - Strategiewechsel der Taliban möglich.

Bei tagelangen Gefechten in der südafghanischen Provinz Helmand sind nach offiziellen Angaben mehr als 330 Menschen getötet worden, darunter Dutzende Zivilisten. Das Innenministerium in Kabul teilte am Sonntag mit, mindestens 250 Taliban-Kämpfer seien unter den Toten der vergangenen zehn Tage.

3200 Familien geflohen

Nach Angaben der Provinzregierung kamen mindestens 32 Angehörige der Sicherheitskräfte und 50 Zivilisten ums Leben, darunter Frauen und Kinder. Der Sprecher der Provinzregierung, Omar Zwak, sagte, rund 3200 Familien seien vor der Gewalt geflohen. Die Gesundheitsbehörden in Helmand meldeten mehr als 300 Verwundete.

Am vorvergangenen Freitag hatten nach Zwaks Angaben mehr als 1.000 Taliban-Kämpfer in den Distrikten Nawzad, Sangin, Kajaki und Musa Qala Stellungen der Sicherheitskräfte angegriffen. Diese begannen daraufhin eine Gegenoffensive. Zwak sagte, die Aufständischen seien weitgehend zurückgeschlagen worden, Gefechte dauerten aber noch an.

Möglicher Strategiewechsel

Die Taliban waren in den vergangenen Jahren von offenen Großangriffen auf Sicherheitskräfte abgekommen und hatten vor allem auf Anschläge mit Sprengfallen gesetzt. Ihre Offensive gegen afghanische Sicherheitskräfte im Süden könnte einen Strategiewechsel vor dem Auslaufen des NATO-Kampfeinsatz zum Jahresende signalisieren.

Unterdessen hat der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier seinen Afghanistan-Sonderbeauftragten nach Kabul geschickt, um ein Scheitern des ersten demokratischen Machtübergangs seit dem Sturz der Taliban ende 2001 zu verhindern.

Koch: "Historische Chance"

Botschafter Michael Koch sei am Donnerstag aus Berlin in die afghanische Hauptstadt gereist und habe dort mit den beiden Präsidentschaftskandidaten Abdullah Abdullah und Ashraf Ghani gesprochen, teilte das Auswärtige Amt in Berlin am Sonntag auf Nachfrage mit. Koch habe dabei die Botschaft übermittelt, dass die "historischen Chancen" der Präsidentschaftswahl "nicht verspielt werden" dürfen.

Gegenseitige Vorwürfe

Das Magazin Der Spiegel berichtete seinerseits laut Vorausmeldung, Koch sei nach Kabul entsandt worden, um die Kontrahenten "zur Räson zu bringen". Der frühere afghanische Außenminister Abdullah wirft seinem Rivalen Ghani vor, ihn durch systematische Fälschungen um seinen Sieg bei der Stichwahl vor zwei Wochen bringen zu wollen.

Die erste Runde Anfang April hatte Abdullah noch mit deutlichem Vorsprung gewonnen. Nach der zweiten Runde Mitte Juni liegt Medienberichten zufolge dagegen Ghani in Führung. Ein Mitglied der Wahlkommission ist nach Abdullahs Vorwürfen bereits zurückgetreten. Erst am Freitag führte Abdullah einen neuen Protestzug mit tausenden Anhängern durch Kabul. Der Konflikt sorgt international für Beunruhigung, zumal Ende des Jahres der internationale Kampfeinsatz in dem Land endet.

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