Ägypten: El Baradei wieder im Gespräch

Ägypten: El Baradei wieder im Gespräch
Medienberichten zufolge soll der Militärrat Mohamed El Baradei gebeten haben, eine neue Regierung zu bilden. Die gewaltsamen Proteste gehen weiter.

Die Ereignisse in Ägypten überschlagen sich. Laut dem Sender Al Jazeera hat der Militärrat Mohamed El Baradei gefragt, eine neue Interimsregierung zu bilden. Demnach sei der frühere Generaldirektor der Internationalen Atom-Energie-Agentur (IAEA), Friedensnobelpreisträger und Präsidentschaftskandidat El Baradei am Montag gebeten worden, die Rolle als Regierungschef zu übernehmen. Laut Al Jazeera zögert El Baradei aber noch.

Der gebürtige Ägypter, der viele Jahre im Ausland gelebt hat, war bereits während der Revolution gegen Hosni Mubarak im Jänner als neuer Regierungschef gehandelt worden. Viele Ägypter äußerten damals jedoch Unmut darüber, dass ElBaradei durch seine langen Jahre im Ausland keinen Bezug mehr zur ägyptischen Realität habe.

Millionen-Marsch

Ägypten: El Baradei wieder im Gespräch

Den Demonstranten in Ägypten reicht der angekündigte Rücktritt der derzeitigen Übergangsregierung indes nicht - sie wollen den herrschenden Militärrat entthronen. Deshalb werden die Proteste fortgesetzt - und auch die Gewaltspirale dreht sich am Dienstag wieder weiter. Vor dem angekündigten "Millionen-Marsch" hat es erneut Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei auf dem symbolträchtigen Tahrir-Platz gegeben. Nach Angaben von Medizinern wurden dabei Dienstag früh mindestens 20 Menschen verletzt.

Einige seien mit Gummigeschossen im Gesicht getroffen worden, Ärzte berichteten gegenüber TV-Sender von etlichen Menschen, die deshalb ein Auge verloren. Die Mediziner haben eine provisorische Klinik in der Nähe des Tahrir-Platzes eingerichtet, um Demonstranten dort zu behandeln.

Muslimbrüder boykottieren Kundgebung

Rund 38 Oppositionsgruppen haben zu dem Massenprotest am Dienstagnachmittag aufgerufen. Die einflussreiche Muslimbruderschaft hat jedoch angekündigt, nicht an der Kundgebung teilzunehmen. Die Islamisten rechnen sich bei den am Montag beginnenden Parlamentswahlen gute Chancen aus.

Tausende Demonstranten waren bereits am Morgen auf dem Tahrir-Platz, sie hatten dort übernachtet. Die Aktivisten wollen den regierenden Militärrat zwingen, die Verantwortung an eine zivile Regierung zu übergeben. Sie fordern die Ablösung des Militärratschef, Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi.

Vorwürfe gegen Militärführung

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Amnesty International erhebt schwere Vorwürfe gegen die Militärführung: In Ägypten würden die Menschenrechte heute teilweise stärker mit Füßen getreten als zu Zeiten des gestürzten Staatschefs Hosni Mubarak, heißt es in einem Bericht der Organisation.

Indes hat der Militärrat nach den drei Tage andauernden Protesten mit 33 Toten und tausenden Verletzten am späten Montagabend alle politischen Kräfte des Landes zum Dialog aufgerufen. Wie der Nachrichtensender Al Jazeera berichtete, wurden die Bürger in der Erklärung aufgefordert, Ruhe zu bewahren, um eine Fortsetzung des Demokratisierungsprozesses sicherzustellen. Zugleich habe der Militärrat sein "tiefes Bedauern" über die Opfer der letzten Tage geäußert. Außerdem sei die Einrichtung einer Kommission zur Untersuchung der gewaltsamen Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften angekündigt worden.

Rücktritt eingereicht

Die Übergangsregierung von Ministerpräsident Essam Sharaf hatte zuvor ihren Rücktritt eingereicht. Offen blieb jedoch, ob der Militärrat den Rücktritt akzeptieren wird. Ein Militärsprecher sagte der regierungsnahen Nachrichtenwebsite "Al-Ahram Online", der Rat habe noch keine Entscheidung gefällt. Angeblich wollen die Generäle erst einen neuen Ministerpräsidenten suchen, bevor sie Sharaf und seine Mannschaft ziehen lassen.

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