30 Tage Arrest für Nawalny: "Jetzt verpasse ich Depeche Mode"

Alexej Nawalny
Der Putin-Kritiker Nawalny war vor Beginn einer Demonstration festgenommen worden.

Nur elf Wochen nach der Eskalation einer Demonstration in Moskau hat die russische Justiz wieder Arrest-Strafen für Anhänger des Oppositionellen Alexej Nawalny verhängt. Der Kremlkritiker Nawalny selbst muss für 30 Tage ins Gefängnis. Seine Anwälte kündigten am Dienstag Berufung an, notfalls auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.

Nawalny hatte am Nationalfeiertag zu einer Demonstration gegen die russische Führung und Korruption aufgerufen. Zwar hatte er eine Genehmigung dafür bekommen, aber wenige Stunden vor Beginn verlegte er die Kundgebung auf einen nicht genehmigten Ort in Kremlnähe. Die Polizei nahm ihn noch vor Beginn in seinem Haus fest. Ihm werden unter anderem Verstöße gegen das Versammlungsrecht vorgeworfen.

Es war bereits die zweite Eskalation eines Oppositionsprotests seit Ende März. Damals hatte die Polizei bei landesweiten Demonstrationen allein in Moskau rund 1000 Menschen abgeführt.

850 Menschen in Gewahrsam

Bei der nicht genehmigten Demonstration im Moskauer Stadtzentrum waren nach Angaben des Bürgerrechtsportals OWD Info mehr als 850 Menschen in Gewahrsam genommen worden. In der Newa-Metropole St. Petersburg nahm die Polizei nach eigenen Angaben mehr als 500 Menschen fest. Zusammen mit Vorfällen in der Provinz geht das Portal von insgesamt mehr als 1700 Festnahmen aus. Viele Teilnehmer wurden noch in der Nacht wieder freigelassen.

Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, mahnte in SWR Aktuell das Recht der Bürger auf Versammlungsfreiheit an. Mit seinen Protest-Aufrufen gegen Korruption habe Nawalny einen Nerv getroffen. Doch gegen Präsident Wladimir Putins Popularität könne er sich nicht behaupten, sagte Erler. Zwar sei Nawalny ein "gnadenloser Populist", der auch Kontakte in die rechte Szene habe, aber er habe "ein Thema getroffen, das auf große Resonanz in Russland stößt."

EU fordert sofortige Freilassung

Die EU fordere die sofortige Freilassung aller Festgenommenen, teilte ein Sprecher mit. "Die Festnahme Hunderter friedlicher Demonstranten und die eingesetzte Gewalt (...) bedrohen die Meinungsfreiheit und das Recht auf Versammlung", hieß es in einer Mitteilung.

Der Kreml wies Kritik am Vorgehen der Polizei zurück. "Gegen diejenigen, die mit Provokationen das Gesetz verletzt haben, wurden im vollen Einklang mit unserer Gesetzgebung Maßnahmen ergriffen", sagte Sprecher Dmitri Peskow. Grundsätzlich seien Demonstrationen im Rahmen des Gesetzes aber keine Bedrohung, sagte er.

Auch der bekannte Oppositionspolitiker Ilja Jaschin wurde von einem Moskauer Gericht zu 15 Tagen Arrest verurteilt. Ein Polizist sagte der Agentur Interfax zufolge vor Gericht aus, Jaschin habe mehrere Menschen bei der Feier zum Nationalfeiertag behindert. Jaschin wies dies entschieden zurück. "Ich habe keine Losungen gerufen, habe nicht gegen das Gesetz verstoßen", beteuerte er.

Nawalny, der 2018 bei der Präsidentenwahl antreten will, witzelte unmittelbar nach der Urteilsverkündung auf Twitter: "30 Tage. Schlimm genug, dass sie das Land ausplündern. Ich verpasse deswegen auch noch das Konzert von Depeche Mode in Moskau."

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