Anschlagserie erschüttert Kabul

Die US-Botschaft in Kabul (Archivbild nach dem letzten Angriff auf das Gebäude im September 2001).
Nahe der US-Botschaft kam es zu mehreren schweren Explosionen. Zudem sollen Angreifer in das Parlament eingedrungen sein.
Anschlagserie erschüttert Kabul

Eine Serie von koordinierten Angriffen radikaler Islamisten hat am Sonntag die afghanische Hauptstadt Kabul und den Osten des Landes erschüttert. In Kabul waren laut übereinstimmenden Angaben unter anderem die Botschaften der USA und Deutschlands im Diplomatenviertel sowie das Parlament betroffen. In der östlichen Stadt Jalalabad wurde der Flughafen angegriffen, wo sich auch ein NATO-Stützpunkt befindet.

AFP-Korrespondenten zufolge waren in der Nähe der US-Botschaft schwere Explosionen und Schüsse zu hören. Die Botschaft löste Alarm aus und forderte ihre Mitarbeiter auf, sich in Sicherheit zu bringen. Ein Sprecher sagte später, die diplomatische Vertretung sei geschlossen worden. Alle Mitarbeiter seien unverletzt in Sicherheit gebracht worden.

Von den Angriffen im Diplomatenviertel von Kabul sei auch die deutsche Botschaft betroffen, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin. Es gebe "kleinere Sachbeschädigungen" auf deren Gelände. "Nach bisherigen Erkenntnissen" sei aber niemand zu Schaden gekommen, gab die Sprecherin an.

Österreich hat keine eigene Botschaft in Kabul. Afghanistan wird von der österreichischen Botschaft in Pakistan mitbetreut.

Von Sicherheitskräften überwältigt

Anschlagserie erschüttert Kabul

Mehrere Kämpfer versuchten nach offiziellen Angaben zudem, in das Parlament einzudringen, seien aber von Sicherheitskräften überwältigt worden. Laut Polizei wurde auch der neunte Stadtbezirk im Süden Kabuls Ziel der Attacken. Augenzeugen zufolge stürmten Angreifer zudem das neue Hotel Kabul Star nahe des UN-Büros, einer US-Militärbasis sowie des Präsidentenpalasts und setzten es in Flammen.

Die Polizei teilte mit, ein Angreifer sei getötet worden, als Einsatzkräfte gegen Aufständische vorgingen, die sich in einem Gebäude neben dem Parlament verschanzt hatten. Demnach hielten sich bewaffnete Kämpfer auch in anderen höheren Gebäuden versteckt. In der Provinz Logar südlich von Kabul stürmten Selbstmordattentäter nach offiziellen Angaben mehrere Regierungsgebäude und eine US-Basis.

"Viele Selbstmordattentäter"

Die radikalislamischen Taliban übernahmen die Verantwortung für die Angriffsserie und teilten mit, an den Attacken seien "viele Selbstmordattentäter" beteiligt. Ein Sprecher sagte AFP, es handle sich um den "Beginn der Frühjahrsoffensive". Die Taliban wollten damit unter Beweis stellen, dass sie entgegen mancher Behauptungen kampffähig seien.

Im Osten Afghanistans wurden laut Polizei mehrere Menschen verletzt, als sich zwei Selbstmordattentäter am Flughafen von Jalalabad in die Luft sprengten. Zwei weitere mit Sprengstoff ausgerüstete Angreifer seien verletzt festgenommen worden. In der östlichen Stadt Gardes griffen mehrere Aufständische nach Behördenangaben ein Ausbildungslager der Polizei an und töteten vier Zivilisten.

US-Botschaft schon im September attackiert

Die US-Botschaft war zuletzt Ende September Ziel eines Angriffs gewesen. Bei einer Schießerei starben damals ein US-Bürger und der Angreifer. Zwei Wochen zuvor hatten Aufständische einen Großangriff auf das Diplomatenviertel in Kabul verübt. Bei der rund 19 Stunden dauernden koordinierten Attacke wurden mindestens 14 Afghanen getötet.

Vor der Angriffsserie vom Sonntag teilten die afghanischen Behörden mit, binnen eines Tages seien etwa hundert Taliban getötet, verletzt oder festgenommen worden. Den Angaben zufolge geschah dies in einer zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und der in Afghanistan stationierten NATO-Truppe ISAF abgestimmten Aktion.

Im vergangenen Jahr hatten die Aufständischen am Hindukusch zu Frühlingsbeginn ihre Offensive gegen ausländische und einheimische Soldaten deutlich verschärft. Ein NATO-Sprecher sagte vor einigen Tagen, in diesem Jahr gebe es dafür bisher keine Anzeichen. Stattdessen setzten die Aufständischen eher auf einzelne kleinere Anschläge auf Militäreinheiten und Armeestützpunkte. Die Angriffswelle dürfte die Sorgen über den geplanten Abzug der ausländischen Kampftruppen bis 2014 verstärken.

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