Ankläger attackiert den Richter

Ankläger attackiert den Richter
Oberstaatsanwalt Werner Pleischl, der des Amtsmissbrauchs verdächtigt wird, lehnt überraschend den Ermittlungsrichter ab.

Die Ereignisse rund um das Verfahren gegen fünf Staatsanwälte wegen Verdachts auf Amtsmissbrauchs im Fall Kampusch (sie werden beschuldigt, wesentliche Ermittlungsergebnisse ignoriert zu haben) spitzen sich zu. Einer der Beschuldigten, Werner Pleischl, Oberstaatsanwalt in Wien, hat gegen Ermittlungsrichter Georg Putz in Innsbruck (dort werden die Befragungen durchgeführt) einen Ablehnungsantrag eingebracht.

Justizsprecher Peter Puller bestätigte am Dienstag diesbezügliche KURIER-Informationen.
Grund für den Ablehnungsantrag? Der mediale Auftritt von Richter Putz, der vor einigen Tagen gegenüber der APA gemeint hat, Pleischl habe sich wie sein beschuldigter Staatsanwaltskollege Thomas Mühlbacher der Aussage entschlagen. Stattdessen habe Pleischl laut Putz eine "oberflächliche schriftliche Stellungnahme" abgegeben.
Die Entscheidung zu dem Ablehnungsantrag soll demnächst fallen. Gerichtssprecher Zimmermann meint jedenfalls: "Wir in Tirol haben Rieseninteresse daran, das Verfahren rasch zu einem Ende zu führen."

Die Reformer

Sieben Minuten. Solange sollen sich Werner Pleischl und Thomas Mühlbacher zuletzt im Verhandlungssaal von Richter Putz aufgehalten haben. Die Staatsanwälte wollten sich nicht, wie von Putz gewünscht, bei der Einvernahme filmen lassen. Also Ende der Vorstellung.

Ironie der jüngeren Geschichte: Just Justiz-Granden wie Pleischl waren es, die folgende Reform (einsetzend mit 1. Jänner 2008) erwirkten: Im Ermittlungsverfahren hat nur mehr der Staatsanwalt das Sagen. In Fällen von öffentlichem Interesse jedoch kann die Staatsanwaltschaft einen unabhängigen Richter für Ermittlungsschritte einsetzen. Wie im Fall in Innsbruck, in dem u.a. Ankläger Pleischl als Beschuldigter dasteht. Und in dem nun Pleischl die unabhängige Justiz in Gestalt von Richter Putz mit einem Ablehnungsantrag beglückte. Obgleich der Richter ohnehin nichts anderes tun darf als zu fragen.

Fragt sich nur, ob die Optik nicht seltsam wirkt. Justiz-Sprecher Puller: "Dazu kein Kommentar. Der Antrag ist eingebracht. Und es wird eine Entscheidung geben."

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